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Falsches Zeichen zur falschen Zeit

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01.01.2016
Am 24. Mai hat die Sterbehilfeorganisation Exit entschieden, sich für den Altersfreitod starkzumachen. Suizidhilfe für gesunde Betagte ist für Theologen ein Schritt in eine problematische Richtung.

Es war eine wegweisende Generalversammlung. Die Delegierten der Sterbehilfeorganisation Exit beschlossen, sich in Zukunft stärker für den «Altersfreitod» zu engagieren. Auch gesunde betagte Menschen sollen mit der Hilfe von Exit ihrem Leben ein Ende setzen können. Bei der steigenden Lebenserwartung und der individuell geprägten Lebensgestaltung müsse man sich offen mit dieser Frage auseinandersetzen, fordert Exit-Vizepräsident Bernhard Sutter.

Druck auf Betagte steigt
«Altersfreitod» oder «Bilanz-Suizid» sind für die Kirchen problematisch: Der Theologe Frank Mathwig, Beauftragter für Theologie und Ethik beim Schweizerischen Evangelischen Kirchenbund, warnt davor, dass der Druck auf ältere Menschen weiter zunehmen werde, über den Suizid die Gesellschaft finanziell zu entlasten: «Es darf nicht sein, dass der Mensch nur noch Mensch ist, solange er anderen nicht zu Last fällt. Sonst wird unsere Pflicht zu Fürsorge und Solidarität pervertiert.»
Gemäss den von Exit veröffentlichten Zahlen begleitete die Organisation im letzten Jahr 450 Menschen in den Tod, 100 mehr als 2012. Auch die Zahl der Mitglieder steigt seit Jahren. Die meisten stammen aus den städtischen Regionen Zürich, Bern und Basel. Erst letzten Herbst eröffnete Exit in Binningen ein Beratungsbüro für die Nordwestschweiz.
Als «falsches Zeichen zur falschen Zeit» bezeichnet Heinz Rüegger, Theologe, Gerontologe und Ethiker, die Ausweitung der Sterbehilfe für Altersmüde. Rüegger ist selbst Mitglied von Exit und stellt das Grundanliegen nicht infrage: «Es gibt im Leben Krankheiten mit Schmerzen und Leiden, bei denen der assistierte Suizid ein letzter Ausweg darstellen kann. Doch mit der Forderung nach einer Ausweitung der Hilfe zu einem Bilanz-Suizid lanciert Exit eine Debatte, die eine problematische Entwicklung in der Gesellschaft fördert.» Schon heute habe das hohe Alter in unserer jugendverliebten Kultur das negative Image von Gebrechen und Leiden. «Die Gesellschaft muss wieder lernen, dass Krankheit, Alter und Leiden normal sind und zum Leben gehören.» Eine solidarische Gesellschaft sei bereit, dies mitzutragen. «Sie vermeidet alles, was Leuten suggerieren könnte, würdig zu sterben, setze voraus, möglichst sauber, ohne grössere Belastungen und ja rechtzeitig aus dem Leben zu scheiden.»
Um das Image des hohen Alters zu verbessern, lancieren die Reformierten und Katholischen Kirchen mit Pro Senectute die Kampagne «Alles hat seine Zeit». Mit Porträts von Betagten und Veranstaltungen möchten die Initianten für ein differenziertes Bild des Alters sensibilisieren. Denn auch im hohen Alter ist sinnvolles Leben möglich.

Tilmann Zuber/kim

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