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Reputationsstudie: Genügend bis gut für die Kirchen

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01.01.2016
Erstmals wurde mit Methoden aus der Wirtschaftsforschung untersucht, wie die Schweizer Kirchen in der Öffentlichkeit wahrgenommen werden. Für Festtagsgottesdienste, Jugendarbeit und Diakonie erhalten sie gute Noten. Schlecht weg kommen Predigten und Erwachsenenbildung.

Die Studie des Schweizerischen Pastoralsoziologischen Instituts (SPI) in St. Gallen weist auf Baustellen hin, zeigt aber auch Positives auf. Die Mitarbeitenden der Kirchen werden zumeist als motiviert und kompetent erlebt. Auch Angebote wie Taufen, Hochzeiten oder Beerdigungen bekommen gute Noten. Das gesellschaftliche Engagement der Kirchen wird wahrgenommen und mehrheitlich geschätzt. Eine vollständige Trennung von Kirche und Staat scheint momentan kein Thema zu sein.

Neue Methode
Das SPI hat für die Reputationsforschung drei Gruppen befragt: Kantonsparlamente, angehende Lehrerinnen und Lehrer sowie Theologiestudierende. Sie bewerteten jeweils die Kirche, der sie angehören. Konfessionslose oder Angehörige anderer Religionen entschieden sich für die Kirche, von der sie mehr wissen. Aufschlussreich sind vor allem die Antworten der beiden ersten Gruppen.
Bei den 360 Studierenden an der Pädagogischen Hochschule St. Gallen war die Teilnahme Pflicht. Die Mehrheit der Befragten ist weiblich und zwischen 20 und 25 Jahre alt. In den Kantonsparlamenten wiederum beantwortete rund ein Drittel aller Politiker und Politikerinnen die Umfrage. Diese 949 Personen sind repräsentativ für die Parlamente in Bezug auf Parteiverteilung, Geschlecht (vorwiegend männlich) und Alter (im Durchschnitt 51).

Schlechte Predigten
Musterschüler sind die Kirchen nicht. Für die Qualität ihres Gesamtangebots erhalten sie von den Politikern eine 4.5, von den angehenden Lehrerinnen eine 4. Am schlechtesten schneiden Predigt, Erwachsenbildung und Religionsunterricht ab. Für die PH-Studierenden beider Kirchen sind diese Angebote schlicht ungenügend. Die Politiker bewerten etwas milder, aber auch sie geben hier schlechtere Noten als anderswo. Der Sonntagsgottesdienst fällt bei den jungen Frauen durch, bei den Politikern wird er als genügend eingeschätzt.

Beliebte Angebote
Ganz anders sieht es bei den Gottesdiensten an Feiertagen und den Kasualien wie Hochzeiten, Taufen, Beerdigungen aus. Dort gibt es von beiden Gruppen eine gute 5. Auch die kirchliche Kinder- und Jugendarbeit bekommt eine 5, und noch mehr geschätzt wird die Erhaltung der Kirchengebäude und die Seelsorge im Gesundheitswesen. Als Arbeitgeber wiederum scheinen die Kirchen nicht sehr attraktiv zu sein. Die meisten Befragten möchten sich für sie weder professionell noch freiwillig engagieren.

Beschädigter Ruf
Das Herzstück der Reputationsforschung sind die Gefühle, die man der Organisation entgegenbringt. Hier zeigt sich, dass der Ruf der katholischen Kirche durch das Bekanntwerden von Missbrauchsfällen, durch Positionen in der Sexualmoral und der Gleichstellung der Geschlechter gelitten hat. Fragen nach der Glaubwürdigkeit der Kirche und dem Vertrauen, das man in sie hat, werden durchwegs negativer beantwortet als auf reformierter Seite. In der ganzen Umfrage wird die reformierte Kirche tendenziell besser bewertet.

Wichtige Empfehlungen
Das Fazit der Studie ist: Die Kirche soll offen und ehrlich kommunizieren, sich Veränderungen aktiv stellen und vor allem Taten statt Worte liefern. Die Umfrage bot auch Platz für persönliche Bemerkungen. Dort wurde besonders klar: Was die Menschen von der Kirche halten, hängt mehrheitlich von persönlichen Erfahrungen und Begegnungen mit ihren Angestellten ab.


Dieser Artikel stammt aus der Online-Kooperation von «reformiert.», «Interkantonaler Kirchenbote» und «ref.ch».


Das Buch zur Studie
Die Ergebnisse der Reputationsforschung wurden am 11. Mai an einer vom SPI und dem Zentrum für Kirchenentwicklung der Universität Zürich organisierten Tagung präsentiert. Vertreter aus Theologie, Kirchenleitung, Politik und Nonprofit-Management erörterten die Bedeutung der Resultate für die kirchliche Praxis. Die ausführlichen Resultate sind als Buch erhältlich: Kirchenreputation. Forschungsergebnisse zum Ansehen der Kirchen in der Schweiz und Impulse zum Reputationsmanagement, Urs Winter-Pfändler, Edition SPI. www.spi-stgallen.ch


Zum Bild: Seelsorge im Gesundheitswesen ist eines der am meisten geschätzten Angebote der Kirchen.
Marius Schären/reformiert.info

Christa Amstutz / reformiert.info

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