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Das Ende der Christen in Syrien und Irak ist absehbar

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01.01.2016
Immer wieder schockieren Schlagzeilen über Übergriffe auf Christen die Öffentlichkeit. John Eibner, Mitglied der Geschäftsleitung von Christian Solidarity International, fordert die Schweiz auf, sich bei den USA, Russland und China für die Beendigung des religiösen Stellvertreterkrieges einzusetzen.

Vor kurzen hat ein Terrorkommando der somalischen al-Shabab eine Universität in Kenia überfallen und 147 Menschen ermordet, darunter viele Christen. Warum haben es solche Terrorgruppen auf Christen und Christinnen abgesehen?
Die islamistische al-Shabab hat wie der Islamische Staat im Nahen Osten oder wie Boko Haram in Nigeria einen Hass auf alle «Ungläubigen» dazu zählen sie Nichtmuslime ebenso wie Muslime, die ihre extremistische Islaminterpretation nicht teilen. In Kenia sind die Christen ganz besonders im Visier, weil das mehrheitlich christliche Kenia bei den Bestrebungen der Afrikanischen Union, al-Shabab in Somalia zu vernichten, eine führende Rolle spielt. Solche Terrorakte sollen die kenianische Öffentlichkeit demoralisieren und der Welt zeigen, dass der Islam dem Christentum überlegen ist.

Wie sieht die Situation für die Christen im Nahen Osten aus?
Die Christen sind in ihrer Existenz bedroht, ganz besonders im Irak und in Syrien. Im Irak ist die Zahl der Christen innerhalb eines Jahrzehnts von über einer Million auf heute maximal 300 000 geschrumpft. Der Islamische Staat hat nun auch viele Gebiete erobert, in denen Christen aus anderen Landesteilen Zuflucht gefunden hatten. In Syrien wurden ganze Landstriche komplett von Christen «gesäubert». Wenn die Entwicklung so weitergeht, ist das Ende des Christentums in Syrien und Irak absehbar.

Wie erleben Sie die Solidarität der Kirchen mit den bedrängten Christen in Afrika und dem Nahen Osten?
Bedrängte Christen in Afrika spielen in unseren Kirchen eine viel kleinere Rolle als die bedrängten Christen im Nahen Osten. Die Vertreibung von Christen aus ihren angestammten Gebieten durch den Islamischen Staat hat im letzten Sommer viele Menschen in der Schweiz schockiert. Das Bewusstsein für die existenzielle Bedrohung der religiösen Minderheiten im Nahen Osten ist stark gewachsen. Die Kirchen stehen nun in der Pflicht, diese erhöhte Aufmerksamkeit für konkrete Handlungen im Interesse der bedrängten Christen zu nutzen. Wir hoffen, dass die Veranstaltungen zum 100-jährigen Gedenken an den Genozid gegen die Christen im Osmanischen Reich eine neue Solidaritätswelle in Gang setzen werden. Viele Nachkommen von Überlebenden fallen heute den religiösen Säuberungen der Islamisten zum Opfer.

In einer Petition appelliert CSI an den Bundesrat, sich mit allen Kräften für eine Besserung der Situation der Christen im Nahen Osten einzusetzen. Was erwarten Sie konkret?
Der Bundesrat sollte seinen ganzen Einfluss nutzen, um die UNO-Mitgliedstaaten zur Wahrnehmung ihrer Pflichten zu ermutigen: religiöse Säuberungen vermeiden und potenzielle Opfer schützen. Die Schweiz sollte sich mit aller Kraft für eine Kooperation der USA, der EU, Russlands und Chinas einsetzen, damit die religiösen Stellvertreterkriege im Nahen Osten beendet werden. Zudem sollte die Schweiz sich dafür einsetzen, dass muslimische Staaten in der Region den Extremismus nicht weiterhin unterstützen. Das Einknicken vor der Türkei, was den Genozid an den Armeniern betrifft, ist da sicher ein falsches Signal.

Einzelne Politiker fordern, vor allem Christen aus Syrien aufzunehmen. Werden da Christen gegen Muslime ausgespielt?
Die Schweiz sollte sich in erster Linie auf internationaler Ebene dafür einsetzen, dass Christen und andere religiöse Minderheiten in ihrer Heimat bleiben können. Es geht nicht nur um ein paar tausend Flüchtlinge, die in die Schweiz kommen. Es geht um Millionen Flüchtlinge, die im Fall der Christen seit fast zwei Jahrtausenden in der Region wohnten und nun in Gefahr sind, ihre Heimat für immer zu verlieren. Unser Ziel ist es, dass Angehörige aller Religionen in Frieden in ihrer Heimat leben können.



CSI
Christian Solidarity International, CSI, ist ein internationales christ-
liches Hilfswerk, das sich weltweit für verfolgte Christen einsetzt. John Eibner ist Mitglied der Geschäftsleitung.


Zum Bild: Ort der Zerstörung: John Eibner, CSI-Projektleiter für den Nahen Osten, besucht mit dem ­griechisch-orthodoxen Metropoliten Georg aus Homs eine christliche Schule.

Interview Tilmann Zuber

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