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Schweigen verbindet

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01.01.2016
Sanezumi Ogimachi ist der Sohn einer japanischen Tee­meisterin und eines Shinto-Priesters. Die Zen-Meditation gehört zu seinem Alltag «wie das Zähne­putzen».

Regungslos sitzt Sanezumi Ogimachi im Lotussitz auf einem Kissen im Münster Schaffhausen. Seine Gesichtszüge sind entspannt. Er ruht in sich und wirkt dennoch präsent. Man spürt, dass sein Meditieren natürlich ist. «So alltäglich wie für andere das Zähneputzen», erklärt er später.
Sanezumi Ogimachi, von seinen Freunden Sumi genannt, ist in Tokio geboren und aufgewachsen. Nach seinem Wirtschaftsstudium in Japan ist er nach England gegangen. Nach zehn Jahren hat er eine Schweizerin kennengelernt und ist mit ihr in ihr Heimatland übersiedelt. Seit sechs Jahren lebt er nun mit seiner Frau in Beringen im Kanton Schaffhausen.
Für die Eheleute sind ihre verschiedenen Kulturen eine Bereicherung. In Japan besuchen sie gemeinsam Schreine, in der Schweiz Kirchen. In den Kirchen zünde seine Frau jeweils eine Kerze an. Sumi beobachte das jeweils still und ohne nachzufragen, «im Vertrauen darauf, dass der Weg der Erfahrung ein guter Weg ist».
Hier in der Schweiz hat Sumi den Kontemplationskreis der Kirchgemeinde Schaffhausen-Herblingen kennengelernt, in dem Menschen aus verschiedenen Religionen und Kulturen gemeinsam meditieren. «Es ist dabei nicht wichtig, ob ich Buddhist bin oder Christ, Japaner oder Europäer», sagt Sumi strahlend. «Hier bin ich einfach nur Sumi.» Seit vier Jahren finden die Treffen im Münster statt, weil dessen Innenraum eine besondere Ruhe und Harmonie ausstrahlt. Sumi schätzt diesen Raum sehr. «Es ist Gold wert, solche Räume für die Meditation nutzen zu dürfen», sagt er. «Denn Stille verbindet mehr als reden. Man sollte häufiger einfach nur still zusammensitzen.»

Tradition aus dem alten Japan
Sumi stammt aus einer traditionsreichen japanischen Familie. Sein Vater bereiste als Priester für die kaiserliche Familie Shinto Schreine und buddhistische Tempel im ganzen Land. Seine Mutter war eine Meisterin der japanischen Teezeremonie. «Diese Kunst kommt aus der Kultur der Samurai», erzählt Sumi. Während eines Kampfes habe ein Samurai nur im Augenblick gelebt. «Er hat begrüsst, was kommt, egal ob Sieg oder Tod.» Die Teezeremonie war für die Samurai ein wichtiges Ritual, um innere Ruhe zu finden und sich auf den Tod vorzubereiten. Die Kunst der Teezeremonie erfordert sehr viel Wissen und Können. «Meine Mutter hat diese Bewegungen und Handlungen viele Jahre lang studiert und ausgeübt, bevor sie unterrichtet hat», sagt Sumi.
Die Teezeremonie sei der Inbegriff der stillen Präsenz. Diese Tradition möchte Sumi nun auch Menschen in der Schweiz nahebringen. Dazu kommt eigens die Teemeisterin Noriko Kusuhara aus der Schule Chinzei-ryu aus Hirado mit ihren Schülerinnen und Schülern nach Schaffhausen ins Kirchgemeindehaus der Reformierten Kirchgemeinde Schaffhausen-Herblingen. Für Sumi treffen hier zwei Welten aufeinander, die vor allem durch eines verbunden seien: die Stille. «Die Stille verbindet den Zen-Buddhismus mit der christlichen Mystik.» Sumi ist überzeugt, dass Christus und Buddha das innere Wissen um alles, was sich mit Worten nicht ausdrücken lässt, geteilt haben.
Es existiere auch eine Parallele zum Abendmahl, weil bei beiden Handlungen keine hierarchischen Unterschiede gelten. «In der Teehütte unterscheidet sich ein Shogun (Herrscher) nicht von einem Bauern, zum Abendmahl lud Christus sogar Judas ein.» Während der Teezeremonie seien alle Menschen zutiefst miteinander verbunden durch das, was die Stille besser ausdrücke, als Worte es vermögen.


Japanische Teezeremonie: Donnerstag, 18. Juni, jeweils 14, 15.30, 17 und 20 Uhr im Meditationsraum des Kirchgemeindehauses Trülli, Trüllenbuck 61, 8207 Schaffhausen-Herblingen.


Zum Bild: Sanezumi Ogimachi im Lotussitz: Meditation im Schaffhauser Münster. | pfister

Adriana Schneider

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