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Deutsch üben im Park

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01.01.2016
Smret Tekeste aus Eritrea zeigt am Urner Flüchtlingstag ihren Lieblingsort in Altdorf: Im Park an der Höfligasse fand die 29-Jährige Ruhe zum Lernen.

«Ich liebe Pflanzen und alles, was damit zusammenhängt!» Wenn Smret Tekeste von ihrer Leidenschaft, dem Gärtnern, erzählt, strahlt sie über das ganze Gesicht. Ihr Lieblingsplatz in Altdorf ist darum auch der kleine Park an der Höfligasse: «Dort habe ich immer die Ruhe gefunden, Deutsch zu lernen», so Smret Tekeste. Vor vier Jahren floh die 29-jährige Eritreerin vor der Militärdiktatur in ihrem Heimatland in die sichere Schweiz. Am Flüchtlingstag, dem 20. Juni, zeigen sie und weitere Migranten Einheimischen ihre Lieblingsorte in Altdorf.
Anlass der Ortsrundgänge (siehe auch nebenstehenden Artikel) ist das Gästival «200 Jahre Gastfreundschaft», das im Sommer in der Zentralschweiz stattfindet und zu Mitmachaktionen aufgerufen hatte. «Ein Zeichen von Gastfreundschaft ist es, Besuchern die eigene Heimat zu zeigen und das, was für einen selbst von Bedeutung ist», sagt Maria Egli, Leiterin des Hilfswerks der Kirchen Uri und gemeinsam mit dem Schweizerischen Roten Kreuz SRK Organisatorin der Rundgänge. «Mit dem Projekt vollziehen wir einen Sichtwechsel, in dem Migranten den Einheimischen ihr Altdorf zeigen mit allem, was sie schön, interessant oder auch irritierend finden.» Im Gegenzug können sich die Migranten von Schweizern durch den Ort führen lassen.
Über Gärten und die Natur fand Smret Tekeste den Einstieg in ihr Schweizer Leben, darum möchte sie diese Plätze auch den Altdorfern zeigen, die sie nach ihrer Flucht aufgenommen haben. Die Bahnhofstras-se mit den vielen grünen Vorgärten erinnere sie immer an ihren Schulweg, erzählt sie. Ein kleiner Familiengarten, den das SRK ihr zum Bewirtschaften vermittelte, tröstete sie über die schwierige Anfangszeit hinweg. Hier konnte die Migrantin Karotten, Zucchetti und Spinat anpflanzen. « Mit meinen Geschwistern habe ich in Eritrea Setzlinge gezogen und verkauft», erzählt die gelernte Gärtnerin. Viele Pflanzen kenne sie daher aus ihrer Heimat, doch entdecke sie auch immer noch Neues. So wie die Fenchelknollen im Supermarkt. «Bei uns wächst Fenchel wild und wir stellen die Blüten wegen des Dufts in die Vase. Dass man ihn isst, war mir neu.»
Die Eritreerin fühlt sich mittlerweile heimisch in Altdorf, nicht zuletzt, weil auch ihr Mann mittlerweile aus Eritrea fliehen konnte und vor eineinhalb Jahren ihre Tochter geboren wurde. Sie verbessert weiter ihr Deutsch und übersetzt manchmal für Behörden. «Mein grösster Traum wäre es aber, eines Tages in der Schweiz als Gärtnerin zu arbeiten.»


Zum Bild: «Hier habe ich immer für den Deutschkurs gelernt»: Smret Tekeste im kleinen Park im Zentrum von Altdorf. | MZB

Annette Meyer zu Bargholz

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