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Mit den E-Bikes zur Kirche

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01.01.2016
Die «Herzroute» hält erstmals an einer Luzerner Kirche. Die reformierte Kirche von Hüswil liegt idyllisch auf einem Hügel. Im Frühling erhielt sie das Label «Velowegkirche». Von Ostern bis Oktober hält sie ihre Türen für die vorbeiradelnden Velofahrer offen. Damit wurde erstmals eine Luzerner Kirche mit diesem Label ausgezeichnet. Pfarrer Thomas Heim erzählt, warum sich der Abstecher in die Kirche lohnt.

Wenn Thomas Heim aus dem Fenster seines Arbeitszimmers blickt, sieht er die Velofahrer auf ihren «Flyern» am Pfarrhaus vorbeifahren. Durch seine Gemeinde führt die sogenannte «Herzroute». Die Strecke für Elektro-Bikes reicht quer durch die Schweiz vom Boden- bis zum Genfersee. Man fahre an den «schönsten Ecken der Schweiz» vorbei, versprechen die Initianten in den Unterlagen zum Veloweg 99.
4000 Biker seien es in der letzten Saison gewesen, sagt der Pfarrer von Hüswil. Einzelne Velofahrer hätten bei der Kirche Rast gemacht und das Gotteshaus auf dem Hügel besucht. Denn die Hüswiler Kirche trägt seit diesem Frühling das offizielle Label «Velowegkirche», wie die Plakette neben der Kirchenpforte zeigt. Die reformierte Kirche Hüswil ist die erste dieser Art auf Luzerner Boden.
Die Kirche von Hüswil ist die östlichste von 16 reformierten und katholische Kirchen mit dem Label «Velowegkirche». Die westlichste befindet sich im freiburgischen Cordast. Diese Kirchen verpflichten sich, gastfreundlich zu sein. Konkret bedeutet dies: Das Gotteshaus ist tagsüber offen und lädt zum Innehalten und Beten ein.
Es gehe nicht darum, Glaubensinhalte zu vermitteln, sondern um lebendige Gastfreundschaft, erklärte Ralph Marthaler, Beauftragter der Berner Kirche für regionale Entwicklung. An Pfingsten 2016 soll die erste Etappe der Velowegkirchen offiziell eröffnet werden.

Diskussion um offene Kirchentüren
Im Rahmen ihres 75-Jahr-Jubiläums hat die Kirchgemeinde Willisau-Hüswil beschlossen, die Kirche Hüswil in eine Velokirche zu verwandeln. Über die offenen Kirchentüren habe die Vorsteherschaft intensiv diskutiert. «Man befürchtete Vandalismus und Diebstahl», erzählt Thomas Heim. Doch bis jetzt sei noch nichts zu Schaden gekommen.
Seit letztem April stehen die Kirchenpforten offen. In der Kirche von Hüswil findet der Velofahrer vorne auf der Kanzel die Bibel und ein Gästebuch, hinten Prospekte und den Streckenführer zur «Herzroute» sowie Erfrischungstüchlein. Auf dem Vorplatz der Kirche laden eine Ruhebank und ein Brunnen zum Verweilen ein. Thomas Heim ist überzeugt, dass sich der Abstecher zu seiner Kirche lohnt. «Kunsthistorisch verspricht das auf einem Hügel thronende Kirchlein einiges», versichert der Pfarrer.

Heilige Familie in Bauerntracht
Der Bau, den der einheimische Architekt Albert Fiechter 1939 errichtete, steht auf einer Anhöhe über der ehemaligen Käserei. Die Kirche ist von weitem sichtbar. Der Gottesdienstraum ist schlicht. Die Holzdecke verleiht dem Raum Wärme. Vorne im Chor leuchtet das farbige Fenster «Jesus und die Familie». Der Bauernmaler Walter Soom aus Heimiswil hat es 1943 entworfen: In ländlicher Tracht kniet eine Bauernfamilie. Hinter ihr wächst ein kleiner Baum. Jesus Christus segnet sie und weist auf sein erlösendes Kreuz hin. Entschlossenheit ist in den Gesichtern zu entdecken.
Vom Kirchplatz aus schweift der Blick über das sanfte Hügelland des Napfgebietes. Das Geläut der drei Glocken ist gleich gestimmt wie das der katholischen Nachbarkirche in Ufhusen. Dass man damit möglicherweise schon damals ein Zeichen der ökumenischen Freundschaft setzen wollte, findet Thomas Heim sympathisch. Der Thuner ist seit vier Jahren Pfarrer im Luzerner Hinterland. Nicht lange für eine Gegend, in der man noch nach Jahrzehnten als Fremder angesehen wird. Doch dem Pfarrer gefällt es hier in der Region. Er schätzt die offenen und herzlichen Bewohner.
Im Alltag ist Thomas Heim selber mit seinem Flyer unterwegs. Mit dem E-Bike besucht er Gemeindemitglieder und fährt zu Gottesdiensten in den Aussengemeinden. Heim plant, im nächsten Jahr auch mit der Gemeinde ein Stück «Herzroute» abzufahren. «Mir schwebt ein Gottesdienst mit anschliessender Velotour vor. Das lohnt sich sicher. So kann man zusammen etwas für die geistliche und körperliche Fitness tun», freut er sich.



Velowegkirche
Auf der «Herzroute» können E-Biker vom Bodensee bis zum Genfersee fahren. Kirchen, die an dieser Strecke liegen und ihre Türen für die Velofahrer öffnen, werden mit dem Label «Velowegkirchen» ausgezeichnet.



Zum Bild: «Wir wollen eine gastfreundliche Kirche sein»: Pfarrer Thomas Heim mit seinem Flyer vor der Kirche Hüswil. | zvg

Tilmann Zuber

Links:
www.herzroute.ch

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