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«Man sitzt in der Kirche gerne bei denen, die man kennt.»

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23.08.2016
In Oltingen im Baselbiet steht die Kirche im Dorf. Man lebt die Tradition. Trotzdem denkt Pfarrerin Astrid Grob an künftige Skype-Gottesdienste.

Das Postauto kurvt die engen Windungen der Strasse nach Wenslingen hoch, es riecht nach Gülle. Kühe grasen auf den Weiden, es ist still. In Oltingen steht die Kirche, ein altehrwürdiger Sakralbau mit blau unterlegter Turmuhr, vier noch von Hand zu läutenden Glocken, einer Holzempore und einer markanten Kanzel. Das Pfarrhaus ist stattlich, der Pfarrhausgarten im Stile eines Klostergartens angelegt. Hier, an der Herrengasse am oberen Ende des Baselbiets amtet– nein, kein altehrwürdiger, ergrauter Pfarrherr, sondern Pfarrerin Astrid Grob, zusammen mit ihrem Mann und Hund Filou.

Die Kirchgemeinde Oltigen-Wenslingen-Anwil ist ein Einzelpfarramt.Und genau darin liegt eines der wenigen «Probleme», mit denen Astrid Grob zu kämpfen hat. Es ist gewissermassen ein Kampf mit ihr selbst: «Wenn mir hier wirklich etwas fehlt, dann ist es der Austausch bei der Arbeit», sagt sie. «Neues zu erarbeiten hängt oft von mir ab. Da wäre es oft hilfreich, wenn noch jemand mitdenken würde, das wäre für mein Tun befruchtend.»

An Mithilfe bei der Umsetzung fehlt es indes nicht. «Wenn wir beispielsweise Erntedank feiern, dann wird alles sehr schön geschmückt und der Anlass von vielen mitgetragen. Das hat Tradition», sagt sie. Wie so vieles in der Kirchgemeinde mit ihren rund 1100 Mitgliedern. Die Natur ist hier ständig präsent, Traditionen sind wichtig für die Leute. So gesehen sei ihre Kirchgemeinde eine traditionelle. Auch was ihre Aufgabe anbelangt. «Ich begleite die Leute von der Geburt bis zum Tod im Guten wie im Schlechten durchs Leben». Die Tradition zeigt sich auch im Gottesdienst, indem die Oltinger im rechten die Wenslinger und die Anwiler im linken Kirchenschiff Platz nehmen. «Man sitzt gerne bei denen, die man kennt», sagt Astrid Grob dazu. Es kommen erfreulich viele in den Gottesdienst, 30 bis 50 Leute, manchmal sogar mehr, freut sich die Pfarrerin.

Demnächst fährt Astrid Grob mit den Senioren für eine Woche in die Ferien. Hier zeigt sich eine erste Veränderung, weg vom Einzelpfarramt. «Diese Ferien bieten wir mit zwei Nachbarkirchgemeinden an», erzählt die Pfarrerin. Auch Konfirmandenreisen werden gemeinsam geplant und durchgeführt. Neu eingeführt hat Astrid Grob eine Auferstehungsfeier an Ostern morgens um sechs Uhr und eine Osterkerze. «Auch diese Feier zu ungewohnter Zeit war gut besucht, sogar von den Bauern und Bäuerinnen die um diese Zeit im Stall stehen.

Moderne Medien nutzen

Auch wenn Astrid Grob von der Kanzel herab predigt, hat dies nur noch von der Örtlichkeit her etwas mit pfarrherrlicher Tradition zu tun. «Wir haben hier kein Lesepult, weshalb ich eben die Kanzel benutze». Die Botschaft, die ihr wichtig ist, tönt zeitgemäss. «Ich predige keine Gebote und keine kirchlichen Moralvorstellungen. Die Leute hier oben stehen mitten im Leben und brauchen keinen Wegweiser», sagt sie deutlich.

Grobs Credo lautet: «Glaube ist Beziehung». Beziehung zu Gott, zu sich selbst und zu den Mitmenschen. Ihren Dienst sieht sie im wahrsten Sinne des Wortes Gottes als «Beziehungsarbeit». Und diese könnte nach ihrer Vorstellung in Zukunft auch per Skype erfolgen. «Wir haben alte Menschen, die nicht mehr ausser Haus können und am Sonntag einen Fernsehgottesdienst schauen. Das könnte doch auch unser eigener sein, beispielsweise per Skype. Die Älteren werden sich dadurch mit der Gemeinde verbundener fühlen». Erst ein Gedankenspiel, aber die Kirchgemeinde geht mit der Zeit. Um 11.59 fährt mein Postauto zurück nach Gelterkinden.

Franz Osswald, Kirchenbote, 23.9.2016

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