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Für ein Stück mehr Lebensqualität

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21.03.2023
Gut ein Jahr nach dem Beginn des Krieges ist in der Ukraine kein Ende des Konflikts in Sicht. Speziell in der Anfangszeit sprangen viele evangelische Kirchgemeinden in die Bresche, um geflüchteten ukrainischen Familien zu helfen. Nachdem Kanton und Gemeinden mittlerweile viele Angebote aufgegleist haben, sind die Thurgauer Kirchgemeinden weiterhin eine wichtige Stütze in der Flüchtlingshilfe.

Der anhaltende Krieg in der Ukraine hält die Thurgauer Gemeinden weiter in Atem. Es gilt Wohnungen zu finden, Kinder einzuschulen und Integrationsprogramme anzubieten. Hinzu kommt, dass weitere humanitäre Notlagen auf der Welt zu wachsenden Flüchtlingsströmen führen. Die Peregrina Stiftung, welche im Auftrag des Kantons Thurgau Asylsuchende unterbringt, spricht von einer Verdopplung von geflüchteten Personen verglichen zum Vorjahr. Da in den Gemeinden die Unterkünfte bereits mit ukrainischen Geflüchteten belegt sind, wird der Wohnraum für Asylsuchende knapp. In einem Brief hat sich die Stiftung nun hilfesuchend an die Thurgauer Kirchen gewandt – in der Hoffnung auf weitere Wohnmöglichkeiten für geflüchtete Personen.

Unkomplizierte Hilfe
Die evangelischen Kirchgemeinden springen immer wieder ein, wenn es in der Flüchtlingshilfe zu Engpässen oder Problemen kommt. Das zeigt sich auch eindrücklich im Ukrainekonflikt. «Sehr früh schon konnten wir einen Sprachkurs für Erwachsene in unserer Gemeinde anbieten», erinnert sich der Romanshorner Pfarrer Lars Heynen an die Anfangszeiten zurück. Bevor die Mühlen der Verwaltung fertig gemahlen hatten, besuchten rund ein halbes Jahr lang wöchentlich jeweils 40 bis 50 Personen den Deutschkurs. Möglich war dies vor allem durch die tatkräftige Unterstützung von Freiwilligen aus der Gemeinde, welche kurzerhand die Sprachkurse auf die Beine stellten und durchführten. Obwohl die Zusammensetzung der Lernenden oft wechselte, waren die Kurse immer voll. «Die Erwachsenen waren unglaublich froh, eine Möglichkeit zu erhalten, um die Grundzüge der deutschen Sprache zu lernen und sich so verständigen zu können», so Heynen.

Abdankung auf Ukrainisch
Von Dankbarkeit aufgrund der unkomplizierten Hilfe kann auch Nathanja Baumer- Schuppli berichten. Die Pfarrerin der Gemeinde Felben-Wellhausen erhielt gleich zu Beginn des Krieges eine Anfrage eines ukrainischen Ehepaares. Die 86-jährige Mutter war gestorben und eine Abdankung in christlicher Tradition wurde gewünscht. «Am Montag erhielt ich das Telefon, am Dienstag war bereits die Abdankung», erinnert sich Baumer-Schuppli zurück. Das Trauergespräch wurde mit «Google Translate» geführt. Da der Organist der Kirche in Felben-Wellhausen aus Ungarn stammt, konnte er passende Musik zusammenstellen. Eine Übersetzerin übersetzte die Predigt zudem. Die Kirche war dann auch gut gefüllt. Viele andere Ukrainerinnen und Ukrainer sowie auch Schweizer Bekannte, welche die Wohnung dem Ehepaar zur Verfügung stellten, fanden den Weg zur Trauerfeier.

Aus der Isolation rausholen
Einen Ort für den gemeinsamen Austausch schufen auch die Kirchgemeinden in Gachnang. Bereits zu Ostern vergangenen Jahres hatten sie einen ökumenischen Kaffeetreff organisiert. Das «Café-Ukraine» wurde wöchentlich von rund 30 Geflüchteten besucht und war der ideale Treffpunkt, um sich über die neue Lebensrealität auszutauschen. «Zudem bestand die Möglichkeit zur Seelsorge», berichtet die Gachnanger Pfarrerin Sabine Schüz. Der grosse Gewinn lag aber vor allem darin, die Geflüchteten aus der Isolation zu holen. Das «Café-Ukraine » findet mittlerweile nur noch alle zwei Wochen statt, da viele Personen arbeitstätig oder in Integrationsprogrammen untergekommen sind. Anfang Jahr gab es aber nochmals einen gemeinsamen Ausflug ins Pizol. Der Ausblick über die Alpen und der Fondueplausch liessen für kurze Zeit die Nachrichten aus der Heimat in den Hintergrund treten. «Da ein Ende des Krieges nicht absehbar ist, versuchen wir den Ukrainerinnen und Ukrainern ein wenig Lebensqualität zu bieten », sagt Pfarrerin Schüz.

 

(Emil Keller)

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