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«Im Fremden das Eigene besser verstehen lernen»

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01.01.2016
Konfirmanden aus Reinach erfuhren in der König Faysal Moschee, wie Basler Muslime leben und beten. Für sie war es ein Eintauchen in eine unbekannte Welt.

Nabil Arab, der Verwalter des islamischen Zentrums an der Friedensgasse in Basel, begrüsst die jungen Leute in einem nüchternen Schulzimmer. Für Farbe sorgt der Imbiss mit süssem Gebäck und Getränken, den er für seine Gäste vorbereitet hat. Arab, der aus Syrien stammt, führt die Konfirmanden durch die Räume der König Faysal Stiftung.
Das Zentrum entstand 1987 in einer ehemaligen Käserei, wurde zweckdienlich umgebaut und ist von aussen nicht als Moschee erkennbar. Die König Faysal Stiftung ist Mitglied der Basler Muslim Kommission. Das Zentrum steht allen Muslimen offen. Zu den Gebeten und Anlässen kommen Gläubige aus über 20 Ländern.
Die 13 Jugendlichen aus Reinach sind mit Pfarrer Frank Lorenz hier: «Meine Konfirmandinnen und Konfirmanden sollen interreligiöse Kompetenz erwerben, und zwar in der direkten Begegnung mit Menschen der wichtigsten anderen Religionen, die es in der Schweiz gibt», betont er. Dies gehe am besten vor Ort. Die Begegnung fand im Rahmen der Jugendarbeit der Christlich-Jüdischen Projekte statt und wurde von deren Leiter Nico Rubeli organisiert.

Predigtsprache ist Arabisch
Die Jugendlichen dürfen beim Abendgebet der Männer zuschauen. Eine kleine Gruppe hat sich zur Andacht versammelt. Die jungen Gäste setzen sich im hinteren Teil des grossen Gebetsraums auf den Boden. Die Konfirmandinnen ziehen aus Respekt ihren Winterschal über den Kopf. Der Imam führt das Ritual auf Arabisch durch. Es dauert gut fünf Minuten. Die Zuhörenden finden den kurzen, unverständlichen Gottesdienst exotisch.
Pfarrer Frank Lorenz wünscht sich, dass seine Konfirmanden am Fremden das Eigene besser verstehen lernen, «beispielsweise die Ehrfurcht vor Gott, den Umgang mit dem Heiligen auch in ihrem Leben oder den richtigen Umgang mit einer heiligen Schrift». Auf die Frage ihres Gastgebers, ob sie vom Gebet etwas verstanden haben, antworten einige, sie hätten das Wort «Allah» herausgehört. Das «Amen» hingegen, das Christen und Muslime teilen, hat ausser dem Pfarrer niemand erkannt. Nabil Arab erklärt, warum die Betenden so nah beieinander stehen: «Man muss den Nachbarn fühlen, deshalb berühren sie einander mit den Füssen.» Die Jugendlichen fragen ihn, wann und wie oft am Tag Muslime beten und was die Sunna sei. Die Sunna, die Lebensweise des Propheten, gelte als Quelle des Islams und enthalte Regeln für alle Muslime, erfahren sie.
Das arabische Gebet und islamische Gebote wirken ungewohnt, doch mit gleichaltrigen Muslimen sind einige der Jugendlichen vertraut. Sie kennen sie als Mitschüler. Als Vorbereitung auf den Besuch in der Moschee haben sie sich zudem im Konfirmationsunterricht mit den Unterschieden und Gemeinsamkeiten von Islam und Christentum befasst.


Christlich-jüdische Projekte
Die Christlich-Jüdischen Projekte CJP sind ein partnerschaftliches Netzwerk von Juden und Christen in der Nordwestschweiz. Die CJP ermöglichen aber auch Begegnungen mit dem Islam. Die CJP fördern die interreligiöse Verständigung im Geiste der Gleichberechtigung und gegenseitigen Anerkennung. Die CJP werden von den Kirchen und den Regierungen beider Basel unterstützt. www.cjp.ch


Zum Bild: Zwei Konfirmandinnen und Pfarrer Frank Lorenz schauen sich ein islamisches Gebetsbuch an. In der Moschee bedecken die Frauen den Kopf mit einem Schal. | müller

Karin Müller

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21.03.2013: Leserbriefe

Links:
www.cjp.ch

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