«Beruhigungspillen für die Bevölkerung»
Frau Müller, was halten Sie von der Politik des Bundesamts für Migration, für Asylbewerber verbotene Zonen einzurichten?
Die Rayonverbote für Asylsuchende verstehe ich als Beruhigungspillen für die politisch Verantwortlichen von Bremgarten und für die Bevölkerung. Diese haben Angst, da sie nicht wissen, was auf sie zukommt. Diese Angst muss man ernst nehmen.
Ergeben die Rayonverbote Sinn?
Es fehlt die rechtliche Grundlage, um etwa das Verbot für das Betreten eines Schwimmbades durchzusetzen. Die Ausgrenzung eines Asylbewerbers ist nach Gesetz nur möglich, wenn dieser die öffentliche Ordnung stört oder gefährdet. Der Asylsuchende muss bereits negativ aufgefallen sein. Die Rayonverbote wurden zur Bekämpfung des Drogenhandels geschaffen. Sie sollen Asylsuchende vom Umschlagplatz fernhalten. Zudem macht das Verbot keinen Sinn, denn Asylsuchende gehen kaum in die Badi. Sie können sich den Eintritt schlicht nicht leisten.
Die Rayonverbote erregten weltweit Aufsehen. Die Schweiz sei fremdenfeindlich, schrieb die Presse.
Die Schweiz ist nicht fremdenfeindlich. Ich interpretiere diese Verbote als Ängstlichkeit der Bevölkerung. Die Politiker haben sich im Vorfeld überlegt, was alles geschehen könnte, und wollten Vorkehrungen treffen. Ich bin überzeugt, die Behörden werden feststellen, dass nichts passieren wird.
Was könnte man gegen diese Befürchtungen in der Bevölkerung unternehmen?
Man sollte Begegnungen zwischen der Bevölkerung und den Asylbewerbern ermöglichen. Nur so können Ängste abgebaut werden. Meist merken die Einheimischen rasch, dass Asylsuchende ganz normale Menschen sind. Manchmal entstehen aus solchen Begegnungen Freundschaften, die für beide Seiten wertvoll sind.
Wie reagieren die Asylsuchenden auf solche Einschränkungen?
Die meisten bemühen sich, alles richtig zu machen, und leiden unter dem schlechten Image.
Erleben Sie in der Heks-Beratungsstelle auch diese Verunsicherung?
Ja. Wir bemühen uns darum, das Verständnis auf beiden Seiten zu fördern. Sei es bei den Schweizern, die bei uns anrufen und Fragen haben, wie auch bei den Asylsuchenden, denen wir die Sicht der Schweizer Bevölkerung erläutern.
Was können die Kirchen in dieser Situation unternehmen?
Die Kirchen müssen immer wieder darauf hinweisen, dass da Menschen kommen, die unseren Schutz brauchen. Sie müssen klar dahinterstehen, dass man Asylsuchende schützt. Deshalb sollte die Kirche zeigen, dass ihre Türen auch für sie offen stehen.
«Beruhigungspillen für die Bevölkerung»