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Die Angst der Kirchgemeinden vor dem Stellenabbau

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01.01.2016
Am Dienstag entscheidet die Zürcher Synode über einen 30-Millionenkredit für sogenannte Ergänzungspfarrstellen. Mit diesen soll der geplante Abbau der Pfarrstellen im Kanton Zürich teilweise aufgefangen werden. Die Kirchgemeinden bangen.

«Bei uns ist die Stellenreduktion ein brennendes Thema. Wegen 60 Leuten weniger sollen bei uns 20 Prozent gestrichen werden», erzählt Nicole Raisle, Kirchenpflegepräsidentin der Kirchgemeinde Urdorf. Man habe deshalb ein Gesuch an den Kirchenrat gestellt, eine Ergänzungspfarrstelle für 100 Prozent statt für 80 zu erhalten.
Nicole Raisle sorgt sich um «ihre» Pfarrstellen und die Angebote der Kirchgemeinde: «Wir haben ein junges Pfarrteam, das viel Neues angerissen hat, zum Beispiel spezielle Bildungsreihen, einen Männer- und Frauentreff, zusätzliche Projekte im Konfunterricht sowie den Treff «Konf Reloaded» für ehemalige Konfirmanden.»
Bei einer Stellenreduktion wären diese Angebote gefährdet. Zudem sei für sie als Kirchenpflegepräsidentin nicht klar, wie sie die Aufgaben auf eine 100-Prozent- und eine 80-Prozentstelle verteilen soll.

13 Stellen weniger
Hintergrund der geplanten Stellenreduktion: Die Zahl der Reformierten in Urdorf ist zwischen 2010 und 2014 von 3115 auf 2940 gesunken. Das ist brisant, weil pro 3000 Mitglieder eine volle Pfarrstelle vorgesehen ist. Urdorf ist unter die 3000er-Marke gefallen und ein Abbau für die Amtsperiode 2016 bis 2020 programmiert. Momentan hat die Kirchgemeinde noch zwei volle ordentliche Stellen.
Vom Abbau bei der Zürcher Kirche sind die ordentlichen und die Ergänzungspfarrstellen gleichermassen betroffen: Gegenüber heute werden rund 13 Stellen gestrichen, «wobei sich der Rückgang je rund zur Hälfte auf die ordentlichen und die Ergänzungspfarrstellen verteilt, wie es in den Synodeunterlagen der Zürcher Kirche heisst. Die Synode befindet am Dienstag über knapp 30 Millionen Franken für die Ergänzungspfarrstellen.

Wo abbauen?
Doch wo soll der Kirchenrat abbauen? Er entscheidet noch vor den Sommerferien, welcher Gemeinde er welche Pfarrstellen zuteilt. Danach gibt es noch eine «Bereinigungsphase», Mitte September gilt die Zuteilung aber. Immerhin konnten die Kirchgemeinden Einfluss nehmen und bis am 19. Juni ein Gesuch für Ergänzungspfarrstellen einreichen. Rund 80 Gesuche sind eingegangen. Kirchenratsschreiber Walter Lüssi wollte mit Verweis auf das laufende Entscheidungsverfahren keine Stellung nehmen.

Zum Beispiel Horgen
Auch in Horgen am Zürichsee ist der Abbau ein grosses Thema, die Mitgliederzahl hat zwischen 2010 und 2014 um 326 Personen abgenommen. «Wir sind natürlich sehr besorgt über die vorliegende Situation», so Kirchgemeindepräsidentin Barbara Hew-Clerici. Ein Gesuch für die Ergänzungspfarrstelle sei eingereicht worden. Zu einer allfälligen Reduktion des Angebots könne man aber noch keine konkreten Aussagen machen, da auch das Thema «KirchGemeindePlus» hineinspiele.
Die Kirchgemeindeversammlung habe erst kürzlich der Aufnahme von Fusionsgesprächen und einer intensiveren Zusammenarbeit mit anderen Kirchgemeinden zugestimmt. «Die doppelte Herausforderung, die durch eine Reduktion der Pfarrstellenprozente mit einem parallel laufenden Zusammenschluss auf die Kirchgemeinde zukäme, wäre jedoch sicher nicht zu unterschätzen.» Eine längerfristige Aufrechterhaltung der Stellenprozente der Ergänzungspfarrstelle würde sich sicher stabilisierend auswirken.

Zum Beispiel Wetzikon
Neben Urdorf und Horgen verzeichnet auch die Kirchgemeinde Wetzikon Mitgliederverluste. Sie hat in vier Jahren rund 300 Mitglieder verloren. «In Wetzikon möchte der Kirchenrat eine 60 Prozent-Ergänzungspfarrstelle streichen», erzählt Kirchenpflegepräsidentin Doris Teuscher. «Dann hätten wir noch 300 Prozent für ordentliche Pfarrstellen. Ich bin aber zuversichtlich, dass er unser Gesuch um Beibehaltung der ergänzenden 60 Prozent bewilligt.»

Zurückbuchstabieren
Fehlten diese aber, müssten bei allen Angeboten Sparmassnahmen in Betracht gezogen werden. Wetzikon habe in vielerlei Hinsicht Zentrumsfunktion: «Besondere Aufgaben für die Kirche stellen sich im Altersheim, in Alterssiedlungen und im Heim für Demenzkranke. Eine weitere wichtige Aufgabe erfüllt die Kirche im gut besuchten Migrantentreff. Ähnliche Angebote gibt es in Wetzikon nicht», so Doris Teuscher. «Aber», meint sie, «die Mitgliederzahlen nehmen ab. Man muss etwas machen. Zurückbuchstabieren ist immer schwierig.»


Dieser Artikel stammt aus der Online-Kooperation von «reformiert.», «Interkantonaler Kirchenbote» und «ref.ch».


Zum Bild: Stellenabbau droht: Die Kirche von Horgen (links), das Pfarrhaus von Urdorf und die Kirche von Wetzikon.
Wikipedia/RolandZH (Horgen und Wetzikon)/Paebi

Matthias Böhni / ref.ch / 29. Juni 2015

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