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Gottesdienst im Schlafzimmer

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01.01.2016
Wenn Spiritualität und Sexualität in Einklang kommen dann kann es sein, dass Pierre Stutz dahinter steckt. Aus seinem neuen Buch «Deine Küsse verzaubern mich» liest der Autor in der Offenen Kirche Elisabethen.

Im Jahr 2003 wagte Pierre Stutz mit seinem Buch «Verwundet bin ich und aufgehoben» sein entwaffnend-ehrliches Coming-out. Er zeigte auf, wie man als Mensch, Christ und Priester zerbrechen kann, wenn Spiritualität und Sexualität abgespalten gelebt werden (müssen). Fast zehn Jahre später präsentiert er nun auf ebenso eindrückliche Art Stationen, Facetten und Bilder der Heilung und Heiligung einer ganzheitlichen Sexualität. Der ehemalige Bundesleiter der «Jungen Gemeinde» und Gründer der Communauté de Fontaine-André in Neuchâtel berichtet über das einzigartige Geschenk, wenn Geschlechtlichkeit und Frömmigkeit nicht nur in Einklang kommen, sondern wenn Leidenschaft und Gottesliebe sich gegenseitig befruchten.
Zwar reden heute viele über diese mögliche und notwendige Verbin-dung. Aber Pierre Stutz nimmt sich die Mühe und zeigt mit seinem reichen Fundus an Zeugnissen von Mystikerinnen und Gottsuchern auf, dass es sich um kein spezifisch postmodernes Thema handelt. Die Palette reicht vom Hohelied über Hildegard von Bingen und Mechthild von Magdeburg, Meister Eckhart, Johannes von Kreuz und Teresa von Avila bis zu Rilke und Buber, Nietzsche und Heidegger, Teilhard de Chardin und Thomas Merton, Dag Hammarskjöld und Max Frisch, Dorothee Sölle und Johann Baptist Metz.

Keine fertigen Rezepte
Auch am Ende des Buches kehrt Pierre Stutz zum Hohelied der Liebe zurück und rundet sein Plädoyer für eine Versöhnung von Sexualität und Spiritualität poetisch ab: «Nur ein Blick im Vorbeigehen lässt mich Ansehen erfahren, das vom zärtlich-heilsamen Segen erzählt. Prickelnd, köstlich, verzückt, lustvoll, zärtlich, wild bewegt uns Eros himmelwärts ... Die Stärke unserer Liebe wird über den Tod hinaus jene Erinnerung frei küssen, die Dankbarkeit schenkt, weil das Gemeinsame ewig bleibt. Lass uns noch mehr jeden Tag neu unsere Liebe als himmlisches Geschenk auskosten. Lass uns leise erahnen, dass die Liebe manchmal stärker ist als der Tod.» Mit seinen eigenen Erfahrungen und sinnlich-meditativen Gedichten sowie psychologischen Reflexionen zeigt Pierre Stutz konkrete Wege der Versöhnung von Erotik und Mystik auf. Dabei verstehen sich die vom Autor entwickelten Paar-Rituale als Anregungen und nicht als Geheimrezepte für eine garantierte ganzheitliche Liebe.
Befreiend und tröstlich ist, dass Pierre Stutz die partnerschaftliche Liebe und Sexualität nirgends als rosarotes Gefühl idealisiert, sondern aufzeigt, wie darin Abgründe und Grenzen, Ernüchterungen und Enttäuschungen, Verwundbarkeit und Zurückweisung die ehrliche Selbstbegegnung fordern und fördern. Der Autor bleibt sich und seiner geerdeten Spiritualität auch in all den Passagen treu, wo er im Bereich Partnerschaft das Ziel von Liebe und Sexualität in der Transzendenz der eigenen Person und der Paarbeziehung betont ausgerichtet auf ein Engagement für eine zärtlichere und menschlichere Welt.

Lukas Niederberger

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