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Integration... herausfordernd für alle Seiten

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04.11.2016
In Kenia hat Pfarrerin Christina Beck erfahren, dass Integration auch nicht einfach ist. Es braucht Menschen, die einem helfen.

Zurzeit wird viel darüber nachgedacht, wie man Menschen, die aus anderen Kulturen in die Schweiz kommen, in das Leben hier integrieren kann. Einen kleinen Einblick, wie das ist, sich in einer fremden Kultur zu recht zu finden, habe ich diesen Sommer bekommen. Vier Monate lang habe ich in Kenia gelebt.

Schnell wurde mir deutlich, dass vieles dort anders funktioniert, als ich es gewohnt bin. Ich habe mir z.B. Mühe gegeben, schnell die Namen meiner Gesprächspartner zu lernen. Ich selber wu de allerdings selten mit meinem Namen angesprochen, sondern meistens mit dem gängigen Mama («Frau») oder Madame. Ich war etwas enttäuscht, dass man sich nicht mal bemühte, meinen Namen zu lernen. Doch dann erklärte mir eine andere Europäerin, dass Kenianer meinen Namen aus Respekt nicht aussprechen.

Glaube ist Alltag

Auch die Tabu-Themen sind andere. Während bei uns ganz selbstverständlich über Liebe und Sexualität gesprochen wird, ist der Glaube eher ein Tabu. In Afrika ist das anders herum. Jede und jeder erzählt bereitwillig vom eigenen Glauben und betet gemeinsam mit dir, aber über Beziehungen und vor allem körperliche Liebe wird geschwiegen. Ausserdem fiel mir auf, dass ich auf meine Fragen oft keine deutlichen Antworten bekam. Die Kommunikation funktioniert einfach anders. Vor allem unangenehme Dinge werden eher versteckt und nur durch Andeutungen ausgedrückt.

Der Umgang mit Zeit ist ebenfalls sehr ungewohnt. Bei einer Verabredung geht man davon aus: Wenn der andere mich sehen will und mir etwas zu sagen hat, dann wartet er eben auf mich (auch stundenlang). Manchmal habe ich mich gewundert, wie das Leben dort überhaupt funktionieren kann. Aber es funktioniert, eben anders als bei uns. Und ich hatte nicht den Eindruck, dass die Leute in Kenia dabei weniger glücklich sind.

Menschen, die helfen

Hilfreich war es für mich, Leute zu haben, die mir bestimmte Dinge erklären konnten. Nur «hineinfühlen», das ist zu wenig. Integration braucht Gesprächspartner, die eine Idee davon haben, was eigentlich mein Verständnisproblem ist. Und dann braucht es Übung und Geduld. Denn auch wenn ich weiss, dass die Dinge anders laufen, falle ich ja immer wieder ganz automatisch in meine vertrauten Muster zurück. Sich zu integrieren ist spannend und herausfordernd. Es kostet Nerven, braucht Geduld, Gelassenheit und Zeit. Vier Monate waren ein kleiner Anfang, aber noch längst habe ich nicht alles in Kenia verstanden. Es braucht Menschen, die einem helfen und sich Zeit nehmen, meine Probleme wahrzunehmen und mir etwas zu erklären. Alleine geht es nicht.

 Christina Brüll Beck, Pfarrerin in der Kirchgemeinde Mollis-Näfels / 4.11.2016

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