Leserbriefe
Kibo Januar
«Mit einem Segen ins neue Jahr»
Gott allein segnet
Es wird viel gesegnet im Januarkirchenboten. Eigenartiger Weise wurde ich beim Lesen zunehmend ärgerlicher. Für mich galt und gilt immer noch: Gott allein segnet! Wenn er es denn tut was im Licht der Geschichte beziehungsweise deren Schatten und im Licht moderner Erkenntnisse aller Art immer fraglicher wird. Der Mensch ist längst nicht mehr so hoch erhaben und weit über den Tieren wie auch schon. Von Katastrophen und anderem Unheil wurde und wird er ebenso wenig bewahrt wie sie. Und Gott ist immer weiter in die Unfassbarkeit gerückt, seit die Erde keine Scheibe und der Himmel kein «Gewölbe» über der Erde mehr ist. Aber das hat schon Jesus gewusst: Er hat uns Bescheidenheit und Demut gelehrt, «geistliche Armut», wie er es nannte. Er hat uns die Horizontale als Ort unseres Handelns zugewiesen das «Kämmerlein» zum Beten und das «Reich Gottes in eurer Mitte», um daran zu arbeiten und uns dafür einzusetzen. Die in letzter Zeit in reformierten Kreisen frappant zunehmenden «Segnungen» sind für mich ein Rückschritt in alte Zeiten. Und es entsteht meiner Meinung nach eine gerade für Reformierte recht problematische «katholische» Hierarchie: Hier die bevollmächtigt (!) Segnenden und dort die Segnungs-Bedürftigen. Und es kommt bewusst oder unbewusst, für mich aber spürbar auch «Macht» ins Spiel: die «Macht der Machenden», also der Segnenden. Egal in wessen Auftrag und mit welcher Berechtigung sie letztendlich segnen.
Ich meine: Nur das «um Segen bitten» ist legitim. Oder lieber: die Bitte um die Kraft, zu tragen, was einem auferlegt ist. Ansonsten ist vor allem Berührung gefragt: Die herzliche persönliche Begrüssung und Verabschiedung vor und nach dem Gottesdienst, die ebenso herzliche Umarmung von vertrauten Menschen, der freundschaftliche Kuss. Und vor allem das Berühren in und mit der Predigt, die ansprechen soll, bewegen, mitreissen, aufrütteln und immer wieder auch befreien. Und dadurch «zum Segen werden» für alle, die dafür offen sind. (Auch wenn man dafür manchen Predigenden kurz vor ihrem Auftritt ihr Manuskript wegzunehmen und sie den Menschen frei erzählen lassen müsste, «was ich Ihnen habe sagen wollen».)
Auch ich zitiere im Gottesdienst die Segensbitte des Aaron. Aber ich kennzeichne sie deutlich als Worte Aarons, des Bruders von Mose aus alter Zeit, und schliesse mich selbst mit ein im «segne uns». Ohne mich mit theatralisch erhobenen und ausgebreiteten Armen deutlich sichtbar und hierarchisch zwischen die Gemeinde und Gott zu stellen. In solchem «um den Segen bitten» kann sich wie auch beim «Unser Vater» Jesu eine unsichtbare Kette aus all den Menschen bilden, die seit Aaron beziehungsweise seit Jesus miteinander Gottesdienst feiern und einander berührend zum Segen werden, wenn immer es gelingt.
Reinhard Rolla, Pfarrer a. D., Hochdorf
«Glücklich sein kann man lernen»
Glück kann man nicht lernen Lernen sollte Glück sein
Kann man Glück lernen? Kann Glück eingeübt werden, wie das ABC, wie das 1x1 wie es der Artikel nahe legt? Der Kern des Glücks besteht demnach in einer erlern- resp. einübbaren Perspektivenveränderung auf äussere Relate wie halb- oder vollgegossene Gläser.
Ich meine es ist falsch, das Glück lehren zu wollen, sondern es wäre stattdessen schon viel gewonnen, wenn es gelänge, dass das Lernen ansatzweise zum Glück wird. Denn die Perspektivität des / oder auf / oder vom Glück ist komplexer. Das mit dem Glück-Lernen, das ist eine wenigstens nachdenkenswerte These, die folgendes ausser Acht lässt:
Einmal, dass Klarheit in der Perspektivität nicht unbedingt und nicht einmal bedingt herrscht. Perspektiven verschieben sich, der Betrachter bewegt sich: die angesprochene Perspektive lässt sich nicht lernen, weil sie nicht starr ist, weil die Gegenstände des Glücks variabel sind und weil die auf sie gerichtete Erwartungshaltung flexibel und fragil ist.
Zweitens wird ausser Acht gelassen, dass das Lernen im strengen Sinne es mit dem Gewinn anwendbarer Kompetenzen zu tun hat; die Pädagogik spricht an dieser Stelle von der Operationalisierbarkeit von Lerninhalten. Ich habe gelernt und weiss was 2x2 ist, nämlich 4. Das Ergebnis stellt sich bei richtigem Rechnen ein und stimmt; nolens volens. Beim Glück ist das schwieriger: Zu wissen, dass «dies» oder «das» glücklich macht, heisst noch lange nicht, dass sich beim Erreichen oder dem Herbeiführen von «dies» oder «das» tatsächlich das Glück einstellt. Im Gegenteil werden wir nur zu oft enttäuscht, weil sich das Glück gerade nicht dann einstellt, wenn wir es kognitiv oder operational provozieren.
Das Glück stellt sich ein; es kann wie der Glaube genossen und nicht gelernt werden. Glück ist Gnade (Augustin) und kein Schulfach.
Pfarrer PD Dr. Matthias Neugebauer, Gunzwil
Interview mit Christian Pfeiffer «Schlagende Eltern bestrafen sich selber»
Antijüdisch
Wer die Äusserungen des Juristen Christian Pfeiffer liest, sollte aufmerken. Auf die Frage, wie es mit strenggläubigen muslimischen Jugendlichen stehe, wechselt er zu «freikirchlichen Jugendlichen». Er sagt von freikirchlichen Eltern, dass diese, je gläubiger sie seien, «desto mehr ihre Kinder schlagen», und fügt an, dass sie sich am Alten Testament orientieren: «Wer seinen Sohn liebt, schlägt ihn beizeiten.» Daraus resultiere eine erhöhte Gewaltbereitschaft bei ihren Kindern. Diesen aus dem Buch der Sprüche (Kapitel 13, Vers 24) zitierten Satz bezeichnet er nicht als fragwürdig im Sinne unseres Verständnisses von nachhaltiger Erziehung, sondern als «alttestamentarischen Unsinn», womit er das Alte Testament als Quelle der Aufforderung zur Gewalt apostrophiert. Anstatt zu erwähnen, dass jener Satz zeitbedingter Pädagogik geschuldet ist, welche patriarchalen Gesellschaften eigen sein mag, diffamiert er die jüdische Bibel, obwohl die Bergpredigt Jesu darauf beruht. Das ist Verunglimpfung der jüdischen Lehre, die dem christlichen Verständnis, was die Gewaltthematik betrifft, gleich ist. Gläubige jüdische Eltern, deren Lebensverständnis in den biblischen Schriften wurzelt, schlagen ihre Kinder nicht mehr oder weniger, als es christlichen Eltern nachgesagt werden kann.
Stephan Jon Tramèr, Basel
Gefährliche Pauschalisierungen
Herr Pfeiffer erwähnt, dass je stärker Gläubige aus Freikirchen sind, umso mehr schlagen sie die Kinder. Ich frage mich, welche Freikirchen er damit meint. So viel ich weiss, sind weltweit gesehen die reformierten Kirchen hauptsächlich freikirchlich organisiert. Ich vermute, dass er diese nicht meint. Vielleicht denkt er an jene Freikirchen, welche mit den Landeskirchen im SEK sind? Zum Beispiel die Methodistisch-Evangelische Kirche? Interessant ist, dass gerade die Methodisten einst ihr Mitglied, den Präsidenten Bush, stark kritisierten. Vermutlich sind auch sie nicht gemeint. Vielleicht meint er die Baptisten, eine in der Schweiz sehr kleine Freikirche. Da könnte es doch besonders bunt zugehen? Die Präsidenten Clinton und Carter waren als Baptisten nicht unbedingt die gewalttätigsten Präsidenten in der Geschichte der USA. Die FEG kann es nicht sein, da meine Frau als Reformierte und «FEGlerin» aufgewachsen ist. Ihre Eltern haben wie jeder Mensch auch Schwächen. Aber die Gewalttätigkeit gehört sicherlich nicht dazu. Vielleicht meinte Herr Pfeiffer ja die Täufer (später Mennoniten). Diese aufrührerische erste Freikirche der Schweiz. Einige wurden zur Zeit Zwinglis im Zürichsee ertränkt, um Ruhe zu schaffen. Zwingli regte sich gewaltig über sie auf, weil sie den Frieden im Staat störten und er Angst hatte, dass der Staat auseinanderbrechen könnte. Gleichzeitig hielt er sie aber nicht für Irrlehrer, nur dass sie die Taufe und die Beziehung zum Staat falsch auslegten. Er war sogar der Meinung, dass ihr Glaube und ihre Treue ein Beispiel für Staat und Bürger sei. Es wird dem Leser auffallen, dass im Wesentlichen nicht diese Freikirche gewalttätig war, sondern wir Reformierten. Trotzdem kann ich Zwingli auch verstehen: Der Pazifismus, die Trennung von Kirche und Staat waren damals nicht überlebensfähig. Wo die Täufer die Mehrheit gewannen, wie in Waldshut, endete die Reformation. So wäre wohl auch die Reformation in Zürich in Blut und Tränen untergegangen, wenn sich die Bewegung der Täufer durchgesetzt hätte (nicht wegen der Täufer, sondern weil die folgenden aussenpolitischen Probleme sie überrollt hätten).
Wen meint also Herr Pfeiffer? Persönlich glaube ich, dass die Unterscheidung von Freikirche oder Landeskirche in dieser Sache nichts bringt. Überhaupt sehe ich keine generellen Qualitätsunterschiede oder wesentlichen theologischen Unterschied zwischen diesen zwei Formen. Den Unterschied macht nicht diese Form, sondern wie diese Form gefüllt und gelebt wird. Tatsächlich höre ich aber immer wieder von beiden Seiten genau diese tief sitzende fundamentale Unterscheidung, die wohl aus unserer schweizerischen Geschichte stammt und zum Glück nicht auf der ganzen Welt so verstanden wird. Dabei ist doch offensichtlich der wesentlichste Unterschied zwischen Landes- und Freikirchen viel mehr ein Status und vor allem ein finanzieller: Landeskirchen werden von den Steuern subventioniert, während Freikirchen sich durch freiwillige Spenden und/oder Mitgliederbeiträge finanzieren.
Generell finde ich Pauschalisierungen gefährlich. Ein pauschales Urteil kann sehr schnell ungerecht sein, ja sogar zu einer Form der Hetze werden. Eine differenzierte Kritik mit gleichzeitigem Ansatz einer möglichen Lösung ist viel effektiver oder wie die Bibel es sagen würde: für den anderen auferbauend. Brüdern und Schwestern im Glauben, die Gewaltmissbrauch/Machtmissbrauch machen, könnte man zum Beispiel jene Bibelstellen zeigen, wo es heisst, dass man die Kinder nicht zum Zorn reizen solle. Oder dass man als Mensch mit Macht diese nicht für egoistische Ziele pervertieren darf, sondern Diener an den anvertrauten Menschen sein soll, weil Jesus dies von uns einfordert und uns vorgelebt hat. Und wenn wir es nicht können, was sehr wahrscheinlich ist, dürfen wir Jesus darum bitten.
Andreas Gujer, Binningen
Allgemein
Es liegt an der Kirchenführung
Jahrelang habe ich die Kirchen begleitet und immer erstaunter zur Kenntnis genommen, was Kirchenleute verkündet oder publiziert haben. Ich habe viele Bekannte und Freunde, die ausgetreten sind und die mir offen und ehrlich ihre Sorgen dargelegt haben. Schon früh begann sich eine Linkstendenz Richtung Internationalismus abzuzeichnen, die ich auf den studentischen Werdegang von Priestern und kirchlichen Mitarbeitern zurückführe auch heute noch! Diese Tendenz wird durch linke Medien und Medienschaffende klar gefördert. Ganz besonders in Rage wurden Kirchbürger durch die unqualifizierte Argumentation von Kirchenleuten zu Koran und Islam gebracht! Der Koran verflucht Gott Vater, seinen Sohn Christus als Erlöser der Menschheit am Kreuze, und den heiligen Geist (die christliche Dreifaltigkeit) darum müssen weltweit alle Kreuze verschwinden. Aber einen «interreligiösen Dialog» gibt es nicht; der Koran verbietet es klar und eindeutig! Schliesslich gibt es immer mehr moderne Christen und solche, die sich so nennen, die unsere zehn Gebote abschaffen möchten, um neue, internationalistische Gebote einzuführen mit der Segnung Geschiedener, Schwulenehen und der Abschaffung vieler anderer Grundwerte der Lehre Jesu Christus. Das und vieles mehr stösst ab, abstossend ist aber auch das Fehlen von klaren Positionen der Geistlichkeit und der Kirchen für Askese und ein gottesfürchtiges Leben!
Willy Schmidhauser, Dettighofen
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