Nochmals 1,5 Millionen Franken für den Leuenberg
Das Tagungszentrum Leuenberg im Baselbiet schrieb Kirchengeschichte. Hier beschlossen die evangelischen Kirchen Europas 1973 in der «Leuenberger Konkordie» die Kanzel- und Abendmahlsgemeinschaft. Seither können Reformierte, Lutheraner und Methodisten gemeinsam das Abendmahl feiern. Den Leuenberg kennt man in theologischen Kreisen weit über die Landesgrenzen hinaus.
Ab nächstem Jahr gehen Kirche und Tagungsstätte jedoch getrennte Wege. Für ein kirchliches Tagungszentrum sieht der Baselbieter Kirchenrat keine Zukunft mehr. Er glaubt, «dass für den Leuenberg wie auch für die kirchliche Erwachsenenbildung neue Strukturen gefunden werden müssen».
Der Leuenberg ist mit dieser Situation nicht allein. So zog sich zum Beispiel die Schaffhauser Kirche vor zwei Jahren vom Begegnungszentrum Rüdlingen zurück, und die Berner Kirche verkaufte die Heimstätte Gwatt bereits 2008. Doch der Baselbieter Kirchenratspräsident Martin Stingelin betont: Was man auf dem Leuenberg erreicht habe, lebe auch nach der Trennung als immaterieller Wert weiter.
In den letzten 25 Jahren zahlte die Baselbieter Kirche gemäss Kirchenrat Christoph Erhardt zehn Millionen Franken an die Studienleitung, dazu 7,5 Millionen Franken an Baubeiträgen und eine Million über den «Leuenberg-Franken». Man wolle sich jetzt nicht einfach aus der Verantwortung «davonschleichen», selbst wenn keine rechtlichen Pflichten bestünden, so Erhardt. Der Kirchenrat wolle Hand bieten, damit der Leuenberg als Seminarhotel weiterexistieren könne.
Neuanfang mit Gruppe «AargauHotels.ch»
Mit der Gruppe «AargauHotels.ch» plant der Leuenbergverein eine Betriebs AG zu gründen, die das Hotel als Pächterin führt. Zu «AargauHotels.ch» gehört unter anderem der Rügel, das ehemalige Tagungszentrum der Aargauer Kirche. Für diesen Neuanfang braucht der Leuenberg Geld. Der Investitionsbedarf wird auf 1,2 Millionen Franken geschätzt. Die Deckungslücke der Pensionskasse verschlingt weitere 1,5 Millionen. Die Synode sprach nun 600 000 Franken an die anfallenden Renovationskosten und 750 000 Franken für die Tilgung der Pensionskassenschuld. Der Leuenbergverein möchte zudem das Jugendhaus veräussern. Er rechnet mit einem Erlös von 600 000 Franken, der ebenfalls in die Pensionskasse fliesst. Die Synode beschloss einen weiteren Beitrag von 150 000 Franken, falls der Verkauf erfolgt.
Empfehlung «mit Zweifeln»
Die Geschäftsprüfungskommission GPK empfahl «mit gewissen Zweifeln» der Vorlage des Kirchenrates zuzustimmen. Sie zeigte sich «überrascht» von der Höhe des Beitrags. Ihr Sprecher Hanspeter Thommen wies darauf hin, dass das Überleben des Leuenbergs nicht gesichert sei, auch wenn der Beitrag bewilligt würde. Mit der «AargauHotels.ch» besteht noch kein Vertrag. Von den sechs Mitgliedern der GPK empfahlen drei, die Vorlage anzunehmen, drei enthielten sich der Stimme.
Der Kirchenrat habe den Betrag von 1,3 Millionen Franken mit Bedacht gewählt, erklärte Kirchenratspräsident Martin Stingelin. Die Frage sei, wie viel sich die Kirche leisten könne. Die Bilanz 2014 weise ein Eigenkapital von rund 430 000 Franken aus. Unter Einbezug der Pensionskassen-Abrechnung ergebe sich Ende Jahr eine rote Null.
Liquidation würde 6,5 Millionen kosten
Unter den Synodalen herrschte Skepsis und Verunsicherung. Die Frage nach Alternativen kam auf. Pfarrer Robert Ziegler, Präsident des Leuenbergvereins, erklärte, es gebe keine. Für den Kanton komme der Leuenberg aus verschiedenen Gründen nicht als Asylunterkunft infrage. Ein Verkauf der Liegenschaften sei ebenfalls keine Option, weil der Leuenberg mit einer Hypothek von 2,2 Millionen belastet ist. Die Liquidation käme auf insgesamt 6,5 Millionen Franken zu stehen.
Am Ende bewilligte die Mehrheit der Synodalen bei sechs Neinstimmen und acht Enthaltungen die 1,5 Millionen Franken. Kommt der Vertrag mit «AargauHotels.ch» nicht zustande, erhält der Leuenberg kein Geld.
Karin Müller
Nochmals 1,5 Millionen Franken für den Leuenberg