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Wenn die Bewerbung mehr Geduld braucht

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01.01.2016
In der Stadt Schaffhausen unterstützt ein Team von Freiwilligen Arbeitslose beim Schreiben ihrer Bewerbungen.

«Zusammen sind wir stark», heisst es als Motto auf dem Jahresbericht der Schreibstube. Dass das kein leeres Wort ist, bemerkt man gleich, wenn man ins Büro mit den zwölf Computerstationen eintritt. Vier freiwillige Mitarbeiter sind an diesem Abend anwesend, um den Stellensuchenden mit Rat und Tat beizustehen. «Zu uns kommt, wer am meisten Mühe hat bei der Arbeitssuche», sagt Rudolf Henes, der Präsident des Trägervereins Erwerbslosen-Treff Schaffhausen: viele hätten Migrationshintergrund oder seien schon älter.
Die Schreibstube ist pro Woche viermal geöffnet, dreimal davon am Abend. 80 Prozent der Klienten sind fremdsprachig. Zum Beispiel die türkische Frau mit Kopftuch, die gerade gemeinsam mit ihrem Ehemann durch die Tür tritt. Sie sucht nach der Kleinkinderphase den Wiedereinstieg in eine Arbeit. «Oft in eine Reinigungstätigkeit oder in eine Arbeit in der Küche», sagt Henes. Die Mitarbeiter helfen, den Lebenslauf und den Bewerbungsbrief zu verfassen. «Eine Bewerbung mit Mängeln im Lebenslauf oder Sprachfehlern bleibt chancenlos», sagt Henes.
Andere kommen wegen der Infrastruktur, wie der junge Mann aus einem ex-jugoslawischen Land, der seit der Türöffnung konzentriert vor dem Bildschirm sitzt. «Nicht alle verfügen über die notwendigen Geräte und das Know-how, um die heute oft ausschliesslich gefragten E-Mail-Bewer­bungen zu schicken», sagt Henes. In der Schreibstube haben alle Ar-
beitsplätze Internetanschluss, ein Scanner steht zur Verfügung.
Ältere Arbeitssuchende gehören zu denjenigen, die die Schreibstube oft über längere Zeit aufsuchen. «Wir haben auch schon Leute ab der Kündigung begleitet, die ausgesteuert wurden, Sozialhilfe beziehen mussten und schliesslich nach intensiven Bemühungen doch wieder eine Anstellung fanden.» Henes erinnert sich an einen älteren Herrn: «Er war oft bei uns und dankbar, dass er mit all sei-
nen Problemen zu uns kommen durfte.»
Aber diese längerfristigen Kunden seien eher die Ausnahme. Die meisten würden sich zwei-, dreimal unterstützen lassen und verfügten dann über das nötige Wissen, um selbst weiter zu suchen. Andere hätten unterdessen eine neue Arbeit gefunden. 1495 Besuche verzeichnete die Schreibstube im Jahr 2012 bei insgesamt 164 geöffneten Tagen. Im Ganzen sind elf ehrenamtliche Schreibhelfer tätig, gerade sind einige jüngere neue dazugekommen.
Jakob Koch ist eines der Gründungsmitglieder und war während mehreren Jahren Präsident. Er erzählt: «Die Schreibstube wurde während der Rezession gegründet, mit weiteren Trägern. Als die Wirtschaft wieder anzog, wollte man sie schliessen. Dank freiwilliger Arbeit und der Unterstützung der Kirche, die sie finanziell trägt, konnten wir sie weiterführen. Das ist auch heute noch nötig.»


Zum Bild: Die Schaffhauser Schreibstube für Arbeitslose ist in den Räumen der christlichen Gewerkschaft Syna eingemietet. Von links: Stellenleiter Wolfgang Hofmann, Jakob Koch, Präsident Rudolf Henes.
| Pfister

Barbara Helg

Links:
www.schreibstube-sh.ch

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