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Jane Austen

Als eine Pfarrerstochter Weltliteratur schrieb

von Franziska Hein, epd
min
18.12.2025
Jane Austens Romane zählen neben den Shakespeare-Dramen zu den bekanntesten Werken der britischen Literatur. Vor 250 Jahren geboren, wurde die Pfarrerstochter weltberühmt. Damals schrieb sie zunächst unter Pseudonym. Und kaum jemand kannte sie.

«Es ist eine allgemein anerkannte Wahrheit, dass ein alleinstehender Mann im Besitz eines hübschen Vermögens nichts dringender braucht als eine Frau.» So beginnt Jane Austens wohl bekanntester und beliebtester Roman «Stolz und Vorurteil», der 1813 unter dem Pseudonym «by a Lady» erschien. Im Anschluss entspinnt sich ein ironisch-witziger Dialog zwischen den Eltern der Romanheldin Elisabeth Bennet. Sie und ihr Verehrer Mister Darcy sind beliebt wie eh und je und bieten Stoff nicht nur für die romantischen Träume junger Frauen, sondern auch für Kino und Popkultur. Ihre Schöpferin Jane Austen wurde vor 250 Jahren am 16. Dezember 1775 geboren. Ihre sechs Romane und Kurzgeschichten zählen zu den Literaturklassikern.

Auch Austens Übersetzer und Biograf Christian Grawe kam durch den Romananfang von «Stolz und Vorurteil» zu seiner Aufgabe: Den las der Germanist vor gut 50 Jahren abends im Bett und sagte nach der Lektüre zu seiner Frau, er habe noch nie einen so charmanten Romananfang gelesen. Grawe und seine Ehefrau Ursula haben Austens gesamtes Werk erstmals ins Deutsche übersetzt. Damit begann auch in Deutschland ihr durchschlagender literarischer Erfolg.

Feinsinnige Beobachterin

Geboren wurde Jane Austen als siebtes von acht Kindern im Pfarrhaus von Steventon in Hampshire. Ihr Vater war anglikanischer Geistlicher. Sie wuchs in einem bildungsnahen, literarisch interessierten Umfeld auf, was ihr früh den Zugang zum Schreiben erleichterte.

Austen war eine feinsinnige Beobachterin, die nur über das schrieb, was sie kannte, wie Christian Grawe sagt. Schon auf den ersten Seiten von «Stolz und Vorurteil» werde ihre «fantastische Dialogführung» erkennbar, eines ihrer Markenzeichen. Ein weiteres sei die Lebendigkeit ihrer Figuren. «In keinem Roman ihrer Zeit und in wenigen Romanen überhaupt hat man so schnell ein so intensives persönliches Verhältnis zu den Gestalten», sagt Grawe.

Vor allem die kesse Elisabeth imponiere als Figur jungen Frauen sehr. Auch weil sie mithilfe ihres wohlmeinenden Vaters ihren Willen durchsetzen kann und nicht etwa den verschrobenen Landpfarrer Mr. Collins mit Adelsfimmel heiraten muss, wie ihre Mutter will, sondern auf ihre grosse Liebe warten darf, den stolzen Mr. Darcy. Das sei ungewöhnlich für diese Zeit.

«Diese Entwicklung von der Konventionsehe zur Liebesehe findet genau zur Zeit Austens statt und ist in ihren Romanen ein zentrales Thema», sagt Grawe. Ein Grund, warum viele junge Frauen und auch mancher junge Mann die Romane noch heute gerne lesen.

Grawe betont, Jane Austen sei die erste grosse Autorin des realistischen Romans, habe ihn geradezu erfunden. «Sie ist die Pionierin.» Das bringt ihr wohl ewigen Ruhm in der literaturwissenschaftlichen Welt ein. Für den nicht endenden Erfolg beim Publikum sorgt zudem die «zeitlose Beständigkeit menschlicher Charaktere» in ihren Romanen, wie die BookTokerin und Journalistin Eva Pramschüfer im Nachwort der Schmuckausgabe aller Romane im Reclam-Verlag überlegt. Austens Romane seien «feinsinnige Studien der britischen Gesellschaft zu Beginn des 19. Jahrhunderts, die Themen aufgreifen, die auch heute noch von grosser Relevanz sind: Geld, soziale Stellung, Macht und die Rolle der Frau.»


Nie verheiratet

Austen blieb – wenngleich sie die ein oder andere Romanze erlebte – zeitlebens unverheiratet und lebte zuletzt im Haus ihrer Schwester in Chawton, wo sie den Grossteil ihrer Romane überarbeitete oder gar verfasste. Sie starb am 18. Juli 1817 im Alter von nur 41 Jahren in Winchester an einer bis heute unbekannten Krankheit – nur sechs Jahre nach ihrer ersten Veröffentlichung «Verstand und Gefühl» (1811). Sie hinterlässt ein zwar überschaubares, aber dadurch nicht minder reichhaltiges Werk – mit «Überredung», «Mansfield Park», «Emma» und «Kloster Northanger» vollendete sie sechs Romane.

 

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