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Begegnungsreisen mit Daniel Frei und Simone Dollinger

«Am Anfang jeder Beziehung steht die Begegnung»

von Noemi Harnickell
min
24.04.2025
Begegnungsreisen laden Menschen ein, andere Lebensrealitäten kennenzulernen. Daniel Frei, Pfarramt für weltweite Kirche, und Simone Dollinger, Mission 21, erzählen, was diese Reisen ausmacht – und wo die Gefahren liegen.

Sie fĂĽhren jedes Jahr Begegnungsreisen im Ausland durch, bei denen Sie Projekte von Hilfswerken zeigen. Mutet das nicht sehr missionarisch oder touristisch an?

Daniel Frei: Wir organisieren keine «Hit ’n’ Run»-Reisen, bei denen wir uns eine Stunde in ein Klassenzimmer setzen und die Menschen wie bei einem Zoobesuch beobachten. Mir ist es sehr wichtig, dass echte Begegnungen stattfinden. Wie könnte das aussehen? Im November 2024 war ich mit einer Gruppe in Chile unterwegs. Wir haben drei Tage bei Gastfamilien übernachtet und den Alltag mit ihnen erlebt – so konnten sogar Freundschaften entstehen!

Wie läuft so eine Reise ab?

Frei: Im Vorfeld führe ich mit den Teilnehmenden ein Vorgespräch, um abzuklären, was ihre Erwartungen an die Reise sind. Die Reisen selbst bieten eine gesunde Mischung aus Projektbesuchen und Tourismus. Wenn wir nächstes Jahr nach Peru reisen, besuchen wir beispielsweise nicht nur Kleinbauern, sondern sehen uns auch das Weltkulturerbe Cusco an.

Seit 2024 hat die Kantonalkirche Baselland ein Kooperationsprojekt mit Mission 21, bei dem die Ernährungssouveränität im Fokus steht. Wird das auch Thema auf der nächsten Begegnungsreise sein?

Simone Dollinger: Ja. Auf unserer nächsten Reise 2026 werden wir Projekte von Cedepas Peru und Prodiasur in Bolivien kennenlernen, die Kleinbauernfamilien dabei unterstützen, gesunde und nachhaltige Nahrungssysteme zu entwickeln. Die Teilnehmenden haben zudem die Gelegenheit, die Städte La Paz und Lima zu besuchen, wo weitere Projekte sich mit sexueller Gewalt beschäftigen oder theologische Bildung anbieten.

Gerade vor dem Hintergrund des Kooperationsprojekts ist es fĂĽr Gemeindemitglieder spannend, zu sehen, was die Projekte leisten.

Dollinger: Absolut. Spendende fordern heute zu Recht sehr viel Rechenschaft von Hilfswerken. Begegnungsreisen sind eine sehr direkte und transparente Form, um den Leuten einen Einblick in die Projekte zu gewähren: Was heisst es, mit einem partnerschaft­lichen Ansatz zu arbeiten? Wie sieht die Begleitarbeit aus?

Frei: In Chile haben wir Frauen getroffen, die Gewalt in jedem Lebensbereich erfahren haben, die ein Leben lang marginalisiert werden. Das zu erleben, ist durch nichts zu ersetzen. Vielen Teilnehmenden wurde da erst bewusst, wie wenig Kontakt sie in der Schweiz mit Menschen aus der Unterschicht haben. Solche Reisen verändern den Blick auf die eigenen Lebensumstände.

Was ist der Mehrwert der Begegnungsreisen?

Dollinger: Die Reise ist eine Chance, sich mit der Frage zu beschäftigen, was ein gutes Leben bedeutet.

Frei: Vor allem aber liegt der Mehrwert der Reisen in den Freundschaften, die entstehen, und den Erfahrungen, die nachwirken: Am Anfang jeder Beziehung steht die Begegnung.

 

Die Begegnungsreise nach Bolivien und Peru findet von 14. April bis 2. Mai 2026 statt. Mehr Informationen: www.erk-bs.ch/dok/013087

 

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