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Aus Beidem das Beste

von Katharina Meier
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02.05.2023
Er ging zur Beichte, sie an den Berggottesdienst: Daniel und Brigitte Gübeli-Forrer sind eines der ökumenischen Paare, wie es sie im Kanton St. Gallen immer mehr gibt. Die Wiler Hausgemeinschaft zweier Konfessionen gehen die beiden sehr pragmatisch an.

«Wir leben Werte, die uns – vor allem auch von den Eltern – auf den Lebensweg mitgegeben wurden», sagen der Landschaftsarchitekt und die Marketingplanerin. Und dieser könnte verschiedener nicht sein.

Die «klassischen» Wege
Brigitte Gübeli wächst in Unterwasser auf, durchläuft die Sonntagsschule und wird vom heutigen Grossmünster-Pfarrer Christoph Sigrist konfirmiert. «Bei meiner Familie war der Bezug zur Kirche eher locker.» Was die heute 47-Jährige prägt, sind die Landschaft des Obertoggenburgs, die Berge, die Natur, die Kraftorte und die Klangwelt. «Dieses Urvertrauen ins Leben, diese Gelassenheit, vielleicht gar Ergebenheit, dass es gut kommt, machen wohl heute meinen Glauben aus», sagt Brigitte Gübeli.

Austritt? Man kann ja nicht einfach davonlaufen.

Der heute 55-Jährige Daniel Gübeli wächst katholisch auf, in der Gemeinde Mosnang, in Dreien. Die Erstkommunion ist ein Fest. Die Beichte und der sonntägliche Kirchgang mit der Familie gehören dazu. Ebenso der Religionsunterricht. «Doch wir nahmen damals den Pfarrer nicht besonders ernst. Er war äusserst repetitiv.» Dies änderte sich auf der Sekundarstufe. «Hier gelang es dem Seelsorger Theo Frey, die Religionsinhalte sehr interessant zu vermitteln, aber auch zu hinterfragen.» Bei Gübeli beginnt sich sein Gerechtigkeitssinn auszuprägen, wird das Wohl des Schwächeren im Auge behalten und immer öfter auch bei der katholischen Kirche kritisch hingeschaut.


Es ist der Mensch, der es ausmacht
«Es sind immer Menschen, die uns prägen, im negativen wie im positiven Sinne», blicken beide zurück. Und als sie sich entschliessen, zu heiraten, ist klar: Wir wollen dies auch kirchlich tun. Das Erhabene eines Gotteshauses, das Festliche, die Zeremonie, das Teilen der Freude mit Freunden und Verwandten sollen dabei ebenso im Zentrum stehen wie die Musik, die Klänge des Toggenburgs, die Nähe zum Menschen, ein sympathischer Pfarrer. So fällt die Wahl auf die katholische Kirche St. Niklaus in Wil. Peter Roths Jodlermesse wird vom Churfirstenchörli, dessen Gründer Brigittes Vater ist, angestimmt, und der einstige Alt St. Johanner Pfarrer Martin Böhringer traut das Paar. «Wir finden uns bei Entscheiden schnell, schätzen das Argument des Gegenübers, haben am Schluss eine stimmige Lösung», so die Gübelis. «Wir nehmen auch heute noch aus Beidem das Beste.»

Gegen einen Kirchenaustritt
«Es gab aber kurz vor der Trauung einen irritierenden Moment. Die katholische Kirche verlangte einen so genannten Formdispens, weil eine reformierte Heirat in einer katholischen Kirche stattfinden sollte», so Gübeli. Er trabt an, spricht mit Priester Meinrad Gemperli. Diesem scheint die Sache auch peinlich und kurz darauf ist sie vom Tisch. Nicht so andere Dinge: Das diffuse Gefühl gegenüber einem Pater in den Exerzitien in Quarten vor 40 Jahren ist noch präsent und hat wohl bis heute den Blick auf die katholische Kirche in Bezug auf Macht, Missbrauch oder die Ansicht gegenüber Homosexualität als Sünde oder Krankheit geschärft. Für Gübeli sind gewisse Strukturen, der Zölibat und die Rolle der Frau nicht gottgegeben. «Ein Kirchenaustritt aber steht nicht zur Debatte. Einiges hat sich geändert, verbessert. Und beide Konfessionen tun viel Gutes. Sie sind wichtig für den gesellschaftlichen Zusammenhalt, der in unserer Wohlstandsgesellschaft leidet. Man kann nicht einfach davonlaufen, wenn einem etwas gerade nicht passt, geschweige denn des Geldes wegen», so Daniel Gübeli. Besuchen er und seine Frau einen Gottesdienst, steht meist Musik und Gesang im Zentrum. «Dann geht das Herz auf.»

Wir leben ja alle unter dem gleichen Himmel.

Heute Ritualgestalterin
Dieses Berührtwerden bei einer Abschiedsfeier eines Arbeitskollegen holt Brigitte Gübeli schliesslich über sieben Ecken wieder ein: Heute ist sie, neben ihrem Beruf als Marketingfachfrau, auch als freischaffende Ritualgestalterin tätig. «Zum Reformiertsein ist das kein Widerspruch. Die christlichen Werte spielen hinein, die Natur ist wichtig, so dass ich es als Verbindung und Ergänzung sehe. Wir leben ja alle unter dem gleichen Himmel.»

Die Gübelis könnten sich einen Zusammenschluss beider Religionen denn auch vorstellen. «Als Holding, wo das Beste aus beiden Welten genommen wird?» Vorerst aber wollen sie die Erstkommunion ihres Sohnes feiern. «Wir waren vor neun Jahren begeistert von Pfarrer Roman Giger. Der Götti ist ebenfalls katholisch, die Gotte der Kirche weniger nah. Es lag wie auf der Hand, dass Janis katholisch getauft wird.» Dass ihm die Kirche christliche Werte vermittle, sei gut. «Seine Sozialkompetenz zu fördern, liegt aber auch bei uns.»
Der Pragmatismus blitzt wieder auf.

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