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Menschen in Schaffhausen zusammenführen

Brücken bauen zu anderen Kulturen

von Carmen Schirm-Gasser
min
26.01.2024
Es ist nicht ganz einfach, mit Migranten in Kontakt zu treten. Eine Konferenz zeigt, wie es Kirchgemeinden gelingt, mit Menschen aus der Ukraine, Eritrea oder dem Nahen Osten in Kontakt zu treten. Dabei ­entstanden spannende Projekte und Begegnungen.  

Interkulturelle Begegnungen fördern: Darum ging es an der OeME (Ökumene, Mission und Entwicklungszusammenarbeit)-Konferenz Ende 2023. «Das Zusammentreffen mit Menschen aus anderen Kulturkreisen kann bereichernd und herausfordernd gleichzeitig sein», sagte Doris Brodbeck, Fachstellenleiterin Kommunikation und Entwicklungszusammen­arbeit OeME der Evangelisch-reformierten Landeskirche. Zahlreiche Gäste zeigten anhand von Beispielen, wie Menschen aus anderen Kulturen in Kirchgemeinden einbezogen werden können. «Mi­grantinnen und Migranten sind häufig neugierig, interessieren sich für die Schweizer Kultur, wünschen sich Kontakte zur Bevölkerung», so Doris Brodbeck. Doch sie aufzuspüren, einen Weg zu finden, um in Kontakt zu treten und zu bleiben, sei vielfach eine Herausforderung. Schweizer im Gegenzug haben eigene soziale Kontakte und würden nicht so gern ins Ungewohnte gehen. Es benötige Begegnungen, um ein ge­­lingendes Miteinander zu entwickeln.

Museumsbesuch für Migranten und Einheimische

Kani ist seit 2015 in der Schweiz. Sie ist Kurdin, stammt aus dem Iran. Als sie in die Schweiz kam, verstand sie kein Wort, da sie kaum englisch sprach. Sie kam in Kontakt mit einer Gärtnerin in Thayngen, Barbara. Zu ihr kam regelmässig eine kleine Gruppe von Migrantinnen und Migranten, die ihr bei einfacheren Gartenarbeiten halfen. «Zu Beginn verständigte ich mich nur mit Körpersprache und ein wenig Englisch», sagt Kani. Jedes Mal nach so einem Einsatz habe sie danach Kopfweh gehabt, von der geistigen Anstrengung. «Doch so lernte ich die ersten Sätze auf Deutsch.» Dieses verbesserte sie später in einer Theatergruppe. Seit 2019 ist sie Mitglied des Projektes «Treffpunkt Museum». Initiiert wurde das Projekt vom Museum zu Allerheiligen Schaffhausen. Bei gemeinsamen Museumsbesuchen in der gesamten Schweiz sollen Menschen aus verschiedenen Ländern mit Einheimischen zusammenkommen. Die Fahrtkosten und der Eintritt für die Teilnehmerinnen werden bezahlt.  

Mittlerweile hat Kani mehrere Museen besucht: das Tinguely- Museum, das Freilichtmuseum Ballenberg, das Technorama Winterthur. Die anderen Teilnehmenden kommen aus dem Iran, Sri Lanka, Bosnien und der Schweiz. «Es ist für alle Beteiligten spannend, wenn wir zusammen Objekte anschauen und darüber diskutieren», sagt Kani. Leute, die sich für Museen interessierten, wären ja vielfach gebildet. Ein Ausflug dauert einen ganzen Tag. Zu Mittag wird gemeinsam bei einem Picknick das gegessen, was jeder mitgenommen hat. «Jede und jeder ist herzlich willkommen, uns beim nächsten Museumsbesuch zu begleiten», sagt Kani und strahlt über das ganze Gesicht. Sie spricht mittlerweile so gut deutsch, dass sie sich für ein Studium der Rechtswissenschaften in Luzern entschieden hat. 

Fest «Grüezi mitenand» als Talentbörse

Olena Pantsiuk stammt aus der Ukraine. Dort arbeitete sie als TV-Journalistin. In der Schweiz kann sie diesen Beruf aus sprachlichen Gründen nicht ausüben. Sie trägt einen Schal mit Edelweiss, um ihre Verbundenheit mit der Schweiz zu zeigen. Vor 19 Monaten ist sie in die Schweiz gekommen. Aktuell lernt sie an fünf Tagen die Woche Deutsch. «Wenn ich hier nicht als Journalistin arbeiten kann, muss ich mich eben neu erfinden», sagte sie sich. Deshalb organisierte sie eine besondere kulturelle und gesellschaftliche Veranstaltung, bei der die Ukrainerinnen ihre nationale Kultur und Tradition, ihre Talente sowie praktische und nützliche Fähigkeiten zeigen konnten. Dafür trommelte sie Musiker aus verschiedenen Kulturen zusammen, die am 3. November gemeinsam vor Publikum musizierten. Sie lud ukrainische Freunde aus verschiedenen Städten der Schweiz, Schweizer Freunde aus Schaffhausen und Emi­grantenfreunde aus verschiedenen Ländern ein.

An diesem Event entdeckten viele Menschen, die keiner Arbeit nachgehen können, neue Talente in sich.

50 Personen besuchten das Konzert. Es seien zu wenig Stühle für all die Menschen gewesen, die kommen wollten, sagt Olena. Nach dem Konzert standen die Handwerkssachen von Migrantinnen zum Verkauf. Olenas Schwester (sie war Managerin in der Ukraine) hatte Souvenirs hergestellt, ihre Tochter Dekorationen aus Kürbis, Olena verkaufte selbst gebackenen Apfelkuchen. Zudem gab es eine Modeschau, vorgeführt von den Frauen, welche die Kleider geschneidert hatten. «An diesem Event entdeckten viele Menschen, die keiner Arbeit nachgehen können, neue Talente in sich», sagt Olena. Die gesammelten Gelder an dieser Veranstaltung wurden für die humanitäre Hilfe der Ukraine gespendet.  Die nächste Veranstaltung, die Olena plant, soll für mehr als 100 Personen ausgelegt sein. 

Gartenprojekt in der Breite 

Das Projekt der Kirchgemeinde Steig, ursprüngliche eine Idee des Hilfswerks Heks, gibt es bereits seit 12 Jah-ren. Ziel war es, Kontakt zur eritreischen Gemeinschaft in der Kirch­gemeinde Steig herzustellen. Was käme da gelegener als gemeinsame Gartenarbeit? Man fand eine Gartenparzelle in der Breite, ebenso eine Gärtnerin. Diese ist jeweils donnerstags vor Ort im Garten. «Dort bestellen die eritreischen Frauen mit Unterstützung der Gärtnerin ihr Beet», sagt Sozialdiakonin Marlene Wiese.  «Die restliche Zeit müssen die Frauen den Garten selbst pflegen.» Der Kontakt zwischen der eritreischen Gemeinschaft und den Einheimischen vor Ort im Garten ist mittlerweile vorhanden. Die Frauen bringen regelmässig eritreisches Brot mit, dazu gibt es Gewürztee. Und auch ausserhalb des Gartens trifft man sich. Nach dem reformierten Gottesdienst in der Steigkirche kochten die eritreischen Frauen Speisen für die Gottesdienstteilnehmenden. Der Austausch hat sich etabliert. Die Eritreerinnen feiern wöchentlich im Pavillon ihren eigenen orthodoxen Gottesdienst. «Wir laden sie danach ein, zu uns zu kommen und gemeinsam Suppe zu essen», sagt Marlene Wiese. «Man kann Menschen im Quartier durch dieses Gartenprojekt wieder erreichen. Man trifft sie im Garten, und es entsteht auf diese Weise wieder eine Gemeinschaft.» Die Kosten seien überschaubar. Dazu gehören die Pacht der Parzelle sowie eine kleine jährliche Entschädigung für die Gärtnerin und ihre Aufwendungen für die, wenn sie Setzlinge mitbringt. Finanziert wird das Projekt über Kollekten verschiedener Kirchgemeinden. 

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