Christen sind nicht prüder als der Durchschnitt
Über 10'600 religiöse und hochreligiöse Christinnen und Christen im deutschsprachigen Raum haben das Forschungsinstitut empirica und die Stiftung Christliche Medien zwischen 2022 und 2025 zu ihrem Verständnis von Sexualität und Glauben befragt. Es ist die bisher grösste Untersuchung zu diesem Thema.
Die Ergebnisse widerlegen gängige Klischees: Christen sind weder prüder noch einheitlicher in ihren Ansichten als die übrige Bevölkerung. Verheiratete sind im Schnitt sogar sexuell aktiver, Alleinstehende hingegen deutlich weniger aktiv. Drei Viertel der Befragten gaben an, offen über ihre Bedürfnisse zu kommunizieren und ihr Sexualleben selbstbestimmt zu gestalten – unabhängig davon, wie intensiv sie ihren Glauben leben.
Allerdings zeigt die Studie auch Spannungen auf: Rund ein Drittel der konservativ eingestellten Christinnen und Christen lebt entgegen den eigenen Überzeugungen – vor allem bei Selbstbefriedigung und vorehelichem Geschlechtsverkehr. Das führt zu Schuldgefühlen und geringerer Zufriedenheit.
Besorgniserregend ist ein weiteres Ergebnis: 13 Prozent der Befragten berichteten von sexuellen Übergriffen. In drei Vierteln der Fälle im kirchlichen Kontext wurden diese Vorfälle nicht aufgearbeitet, was das Glaubensleben der Betroffenen nachhaltig beeinträchtigte.
Das Forschungsteam unter Leitung von Prof. Dr. Tobias Künkler und Prof. Dr. Daniel Wegner untersuchte neben der Online-Umfrage in einer Diskursanalyse Ratgeberartikel, populäre Zeitschriftenartikel sowie Social-Media-Posts und führte Interviews. Die vollständigen Ergebnisse sind unter www.sexualitaetsstudie.de abrufbar.
Zudem sind zwei Begleitbücher im Verlag R. Brockhaus erschienen. «Unsere Geschichte mit Sex. Einblicke in laute Debatten und leise Lebensgeschichten. Qualitative Ergebnisse der empirica Sexualitätsstudie» und «Sexualität und Glaube. Prägungen, Einstellungen und Lebensweisen. Quantitative Ergebnisse der empirica Sexualitätsstudie».
Christen sind nicht prüder als der Durchschnitt