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Spitalseelsorgerin Eveline Feiss

«Das Allerwichtigste ist es, Zeit zu haben»

von Matthias Zehnder
min
25.09.2024
Wenn Menschen von einer Erkrankung so schwer betroffen sind, dass keine Heilung mehr möglich ist, kommt die palliative Pflege zum Einsatz. Wesentlicher Bestandteil dieser Palliative Care ist die Seelsorge.

Im Gegensatz zur kurativen Pflege, wo es um Heilung geht, steht bei der Palliative Care der Erhalt der Lebensqualität vor dem Tod im Zentrum. Im Auftrag der Evangelisch-reformierten Kirche Basel-Stadt kümmert sich neu Pfarrerin Eveline Feiss darum, dass die Patientinnen und Patienten ihr Leben trotz allen Einschränkungen als lebenswert empfinden. Dabei geht es nicht etwa nur um Sterbebegleitung: Die Begleitung eines chronisch kranken Menschen kann Monate, ja Jahre dauern. «Auch in dieser Zeit ist ein lebenswertes Leben möglich», sagt Pfarrerin Eveline Feiss, Spitalseelsorgerin am Felix-Platter-Spital.

Pfarrerin und Krankenschwester

Eveline Feiss hat einen engen Bezug zum Gesundheitswesen: Sie ist in Münsingen im Kanton Bern aufgewachsen und hat nach einer Ausbildung als Krankenschwester in verschiedenen Spitälern gearbeitet. Danach hat sie in Bern und Basel Theologie studiert und in Basel die Pfarrausbildung mit einem Vikariat in Füllinsdorf abgeschlossen. Eveline Feiss war mehrere Jahre Pfarrerin in der Johanneskirche und hat die letzten sieben Jahre als Seelsorgerin im Alters- und Pflegeheim Gellert-Hof gearbeitet. Im Felix-Platter-Spital hat sie die Nachfolge von Pfarrer Gerhard Gerster angetreten.

Manchmal ist das Sterben für ältere Menschen eine Erlösung. Dann ist es auch für die Angehörigen eine Erlösung.

Lebensqualität trotz chronischer Erkrankung oder nahendem Tod – ist das nicht etwas schön gefärbt? «Jeder Mensch weiss, dass er irgendwann sterben muss», sagt Eveline Feiss. «Das gilt ganz besonders für chronisch oder schwerkranke Menschen. Gerade bei ihnen ist es sehr wichtig, dass sie so gut wie möglich betreut sind. Von der Pflege, von Ärzten, in Sachen Ernährung, aber eben auch seelisch. Gemeinsam versuchen wir, den Patientinnen und Patienten ein Leben zu ermöglichen, das ansprechend ist.»

Bei älteren Menschen gehe es oft um eine Lebensbilanz: «Gemeinsam schauen wir zurück: Was war schön? Was war traurig oder schmerzhaft? Manchmal sind sie zufrieden oder sie bringen das zur Sprache, was sehr schmerzhaft war. So können sie zum Beispiel den Tod eines Kindes oder eines Lebenspartners eher verarbeiten.»

Spirituelle Angebote

Welche «Medizin» kann die Seelsorgerin diesen Menschen in einer so existenziellen Situation anbieten? «Das Allerwichtigste ist es, Zeit zu haben», sagt Eveline Feiss. Gerade in einer so durchgetakteten Umgebung wie einem Spital. «Es geht ja nicht nur um das Sterben, manchmal geht es auch um den Eintritt in ein Altersheim.» Ihre Patientinnen und Patienten seien oft an einer «Bruchstelle» in ihrem Leben. «Zeit zu haben in diesem hektischen Spitalalltag, das ist das Wertvollste, was wir anbieten können.»

Zum Glück sei die Spitalseelsorge heute sehr gut eingebettet im Spital: «Pflege, Ärzte und die anderen Mitarbeitenden ziehen uns bei, wenn sie merken, dass es nötig sein könnte. Das haben unsere Vorgänger wunderbar aufgebaut.» Sterben gehöre zum Leben. «Manchmal ist das Sterben für ältere Menschen auch eine Erlösung, weil sie einen langen Leidensweg hinter sich haben. Dann ist es auch für die Angehörigen eine Erlösung. Viele Menschen sagen auch: Ich bin alt und lebenssatt, ich habe gelebt, jetzt ist es Zeit zu gehen.»

Welche spirituellen Angebote kann sie einem Sterbenden machen? Viele Menschen seien alleine im Spital, sagt Eveline Feiss. «Da ist es wichtig, Gemeinschaft zu geben und Zeit zu haben für sie in den wichtigen Momenten des Abschieds.» Das gelte manchmal auch für die Angehörigen, die froh seien, wenn sie mit jemandem reden können. «Wo es Platz hat, gebe ich einen Reisesegen, Psalm 121 ‹Ich hebe meine Augen auf zu den Bergen›, oder wir beten auch schlicht ein ‹Unser Vater›.»

Und was gibt der Seelsorgerin selbst Kraft? «Mein Glaube, meine eigene Spiritualität», sagt Eveline Feiss. «Ich bin eine Kirchgängerin, ich gehe gern in den Sonntagsgottesdienst. Die Natur, die Berge geben mir viel. Manchmal hilft auch eine schöne Velotour durch die Natur.»

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