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Bettagsmandat der Basler Regierungsrätin Tanja Soland

«Der Bettag erinnert uns daran, dass KI allein nicht reicht»

von Dr. Tanja Soland, Regierungsrätin Kanton Basel-Stadt
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20.09.2025
KI kann alles erklären – auch den Bettag. Aber fühlen kann sie nicht. Basels Regierungsrätin Tanja Soland ruft dazu auf, menschliche Intelligenz für Empathie und Selbstreflexion zu nutzen statt alles der KI zu überlassen.
Dr. Tanja Soland, Regierungsrätin Basel-Stadt

«Warum braucht es den Eidgenössischen Dank-, Buss- und Bettag?»: Diese Frage stellt die künstliche Intelligenz (KI) anscheinend vor keine Probleme. ChatGPT antwortet: «Eine super Frage!» Und zählt wichtige Funktionen auf wie «Besinnung und Reflexion» oder «religiöse und kulturelle Tradition». Die KI schliesst mit: «Kurz gesagt: Der Dank-, Buss- und Bettag ist mehr als nur ein Feiertag – er ist ein symbolischer Moment, der zur inneren Einkehr, zum sozialen Miteinander und zur kulturellen Identität beiträgt.» Grundsätzlich ist das richtig.

Die KI beantwortet alle Fragen. Die Antworten kommen ohne Zögern. Meistens korrekt und allgemein gehalten. Es ist beeindruckend, mit welcher Geschwindigkeit die KI enorme Datenmengen verarbeitet.

Ein Tag der menschlichen Intelligenz

Und trotzdem kann die KI eines nicht: fühlen. Sie kann darum den Kern dessen nicht erfassen, worum es am Eidgenössischen Dank-, Buss- und Bettag geht. Danken, beten, Busse tun, hoffen, bereuen, die kritische Selbstreflexion – das sind Eigenschaften des Menschen. Wir brauchen diese ­Fähigkeiten der menschlichen Intelligenz, um uns in andere Personen hineinzufühlen, um unsere Hoffnungen und Ängste sowie jene unserer Mitmenschen zu verstehen. Diese menschlichen ­Fähigkeiten sind die Grund­voraussetzung für ein friedliches Zusammenleben von Menschen, die unterschiedliche Haltungen haben.

Die künstliche Intelligenz hat sinnvolle Verwendungszwecke. Aber gerade der Bettag erinnert uns daran, dass KI ­allein nicht reicht. Dieser Feiertag wird am dritten Sonntag im September in christlichen Kirchen und der Israelitischen Kultusgemeinde gefeiert, dieses Jahr am 21. September. Nach der Gründung des Schweizer Bundesstaates 1848, die auf ­einen Bürgerkrieg zwischen verschiedenen konfessionellen und politischen Lagern folgte, erhielt der Bettag zusätzlich ­eine staatspolitische Bedeutung.

Der Dank-, Buss- und Bettag steht im Zeichen der gegenseitigen politischen und konfes­sionellen Toleranz. Wir suchen die Gemeinsamkeiten und das Verbindende. Dazu müssen wir das auf den ersten Blick Trennende verstehen und den eigenen Standpunkt hinterfragen. Das können wir nicht an eine künstliche Intelligenz delegieren. Das ist eine Aufgabe für uns Menschen, und dies nicht nur am Dank-, Buss- und Bettag, sondern an jedem Tag.

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