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Austritt aus dem Synodalrat

Der jüngeren Generation eine Stimme geben

von Carole Bolliger
min
02.04.2024
Florian Fischer tritt als Synodalrat per Ende Juni zurück. Was er aus seinen über 12 Jahren im Synodalrat mitnimmt und worauf er sich in seiner Zukunft freut, verrät er im Interview.

Florian Fischer, in Ihrem 13. Amtsjahr als Synodalrat haben Sie Ihren Rücktritt bekannt gegeben. Wieso?

Einerseits ist es gut, wenn es nach einer gewissen Zeit – ich habe etwas mehr als drei Legislaturen bestritten – einen Wechsel gibt. Sowohl für die Organisation als auch für mich. Andererseits habe ich gemerkt, neben all dem, was ich sonst mache, wird es nicht einfacher, alles unter einen Hut zu bringen.

Mit jungen 28 Jahren wurden Sie in den Synodalrat gewählt. War das junge Alter rückblickend eher ein Vor- oder Nachteil?

Für mich persönlich war es klar ein Vorteil. Ich habe sehr viel gelernt, sehr viele tolle Menschen getroffen, bin mit Themen und Organisationen in Kontakt gekommen, mit denen ich sonst sicherlich nichts zu tun gehabt hätte. Ob es für die Kirche von Vorteil war, müssen andere beurteilen. Aber ich bin auf sehr viel Wohlwollen gestossen. Die Durchmischung von Geschlechtern, Alter oder beruflichen und kirchenpolitischen Hintergründen schadet in einem solchen Gremium sicherlich nicht.

Was hat Sie damals bewogen, Synodalrat zu werden?

Ich bin wie die Jungfrau zum Kind in den Synodalrat gekommen (schmunzelt). Ich wurde von meiner Pfarrerin, die mich konfirmiert hatte, auf eine mögliche Kandidatur aufmerksam gemacht. Selbst hätte ich eher nicht kandidiert. Ich dachte, es wäre eine gute Chance, im Synodalrat mitzuwirken und der jüngeren Generation, die meistens nicht so aktiv in der Kirche ist, eine Stimme zu geben.

Persönlich hat es auch meinen Glauben bekräftigt, das Wissen, dass man in einer Gemeinschaft getragen wird, finde ich sehr schön.

Auf welche Projekte während Ihrer Zeit als Synodalrat sind Sie besonders stolz?

Eines der grössten Projekte war die neue Kirchenverfassung vor zehn Jahren. Zum ersten Mal in der Geschichte unserer Landeskirche gab es eine Volksabstimmung. Das grosse und interessante Projekt, an dem ich mitarbeiten durfte, wirkt bis heute nach. Die Revision der Kirchenordnung, die zurzeit ansteht, ist eines der Projekte, das daraus entstanden ist.

Ihr persönlicher Höhepunkt und Tiefpunkt in den 13 Jahren?

Es gibt so viele Höhepunkte. Was mich sehr beeindruckt hat, war die Vollversammlung des Ökumenischen Rats der Kirchen 2013 in Korea, an der ich dabei sein konnte. Ein sehr trauriger und schwieriger Moment war, als unsere Synodalratspräsidentin Ursula Stämmer-Horst Anfang 2020 an Krebs verstarb. Ich habe sie sehr geschätzt, als Mensch und als Präsidentin. Ihr Tod war ein grosser Verlust für unsere Kirche.

Lebens- und Sinnfragen beschäftigen die Menschen weiterhin und die Kirche kann und soll in der Gesellschaft mitwirken.

Welches sind die drei wichtigsten Sachen, die Sie aus der Zeit als Synodalrat mitnehmen?

Ich durfte sehr viel lernen: sei es das politische Handwerk, wie Gremien funktionieren, oder ganz praktische Sachen, wie beispielsweise ein Aufgaben- und Finanzplan funktioniert. Persönlich hat es auch meinen Glauben bekräftigt, das Wissen, dass man in einer Gemeinschaft getragen wird, finde ich sehr schön.

Was sind Ihrer Meinung nach die grössten Herausforderungen, vor denen Ihre Nachfolge und der Synodalrat in Zukunft stehen werden?

Die Kirchenaustritte sind sicher ein grosses Thema und eine Tatsache. Es gibt in der Reformierten Kirche Kanton Luzern allerdings Studien, die zeigen, wo in der Entwicklung von Angeboten und in der Erhöhung der Kontakte zu den Menschen Chancen bestehen. Lebens- und Sinnfragen beschäftigen die Menschen weiterhin und die Kirche kann und soll in der Gesellschaft mitwirken. So dürfen wir uns auch über die freuen, die mit dabei sind.

Welche Pläne haben Sie für die Zukunft?

Ich bleibe der reformierten Kirche sicher sehr verbunden, einfach als Mitglied. Und ich werde mich auch weiterhin freiwillig engagieren. Aber ich freue mich auch auf mehr Zeit für Familie und Freundschaften. Ich wurde vor kurzem Onkel.

Seit 2023 sind Sie Co-Leiter des Stadtarchivs der Stadt Luzern. Was war der interessanteste Fund, den Sie bisher gemacht haben?

Das Schöne an Archiven ist, dass man immer wieder Spannendes, Trauriges, Witziges, Skurriles finden kann. Interessant war für mich zum Beispiel, dass die Stadt Luzern schon 1918 über die Einführung des Frauenwahlrechts debattierte.

Sie sind Historiker und Archivar, setzen sich oft mit der Vergangenheit auseinander. In welcher Zeit hätten Sie gerne gelebt?

Ich denke, jede Zeit hat etwas zu bieten. Als Historiker ist es auch immer wichtig, die Vergangenheit aus dem Heute zu betrachten. Entsprechend lebe ich gerne in der Zeit, in der ich gerade bin.

 

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