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Der Nachwuchs fehlt

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01.01.2016
In zehn Jahren gehen die Seelsorgenden der Babyboom-Generation in Pension. Um sie zu ersetzen, fehlt heute der Nachwuchs.

Die Diplomfeier der Theologischen Fakultät der Universität Basel ist vor kurzem über die Bühne gegangen. Neunzehn Studierende konnten in feierlichem Rahmen ihr Diplom entgegennehmen. Trotzdem zeichnete sich eine Sorgenfalte ab auf der Stirn von Georg Pfleiderer, Ordinarius für Systematische Theologie in Basel. Dass sich im Herbst 110 Studierende für Theologie und für den neuen Studiengang Religion-Wirtschaft-Politik eingeschrieben haben, bezeichnete er als «ausreichend, aber nicht zufrieden stellend».

Die Zahl ist eingebrochen
Diesen Befund bekräftigt Thomas Schaufelberger, zuständig für Aus- und Weiterbildung der Pfarrerschaft beim Konkordat der Deutschweizer reformierten Kantonalkirchen. In den nächsten Jahren kämen die Baby-Boomer ins Pensionsalter, während die Zahl der Studierenden nicht zugenommen habe. Im Gegenteil: Im vergangenen Herbst sei die Anzahl der Studienanfängerinnen und -anfänger an den Fakultäten in Bern und in Zürich eingebrochen. «Auch ohne diesen Einbruch bräuchte es doppelt so viele Studierende, um den kommenden Bedarf zu decken», erklärt Thomas Schaufelberger.
Im Gebiet des Konkordats stammen nur zwei Theologiestudierende aus dem Kanton Schaffhausen. Als Grund für das schwache Interesse an Theologiestudium und Pfarrberuf nennt Matthias Eichrodt, Kirchenrat der reformierten Kirche des Kantons Schaffhausen: «In den Elternhäusern von Gymnasiastinnen und Gymnasiasten hat die Verbundenheit mit der Kirche abgenommen.» Viele ­religiös interessierte Jugendliche würden sich zudem von Freikirchen angezogen fühlen. «Dort werden sie aber nicht in Richtung Theologiestudium gefördert.» Weiter spiele das Image der reformierten Kirche eine Rolle: «Es leidet darunter, dass die Kirche kleiner wird und dass Stellen abgebaut werden müssen.» Nicht zuletzt habe der Pfarrberuf auch darunter gelitten, dass in der katholischen Kirche so viele Missbrauchsfälle ans Licht kamen.
Persönlich ist Eichrodt überzeugt, dass Theologiestudium und Pfarrberuf attraktiv und vielseitig sind. Dass der Beruf «weltlicher und menschlicher» geworden sei, sei gut. «Viele möchten heute Beruf und Familie trennen können und sich nicht vom Beruf auffressen lassen.» Dass man heute auch als Pfarrerin oder Pfarrer Teilzeit arbeiten könne, sei nur ein Vorteil. Die Bandbreite an Möglichkeiten, welche der Pfarrberuf biete, sei nach wie vor «faszinierend».
Um das Studium der Theologie populärer zu machen, lancierte die reformierte Kirche vor ein paar Jahren eine Kampagne mit Kinospots und dem Magazin «Level 10». Der Erfolg blieb aus. Stattdessen will man nun vermehrt auf den persönlichen Kontakt in den Gemeinden setzen. Pfarrerinnen und Pfarrer, Religionslehrerinnen und -lehrer und andere sollen gezielt Jugendliche auf das Theologiestudium hinweisen. «Jede Kirchgemeinde wünscht sich schliesslich eine gute Pfarrerin oder Pfarrer», meint Professor Georg Pfleiderer, «deshalb sollte es auch in ihrem Interesse sein, geeignete Personen für ein Theologiestudium zu portieren.»

Barbara Helg / of

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