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Tagung in Liestal

Erste Schritte in den Arbeitsmarkt für ukrainische Geflüchtete

von Noemi Harnickell
min
30.05.2025
Zum vierten Mal fand in Liestal die Tagung «Erste Schritte in den Schweizer Arbeitsmarkt» statt. Ukrainerinnen und Ukrainer erhalten dabei Einblick in den Schweizer Arbeitsmarkt sowie wichtige Ressourcen für das Bewerbungsverfahren.

Nur 31 Prozent aller erwerbsfähigen Personen mit dem Schutzstatus S sind derzeit in der Schweiz arbeitstätig. Diese Zahl will der Bundesrat bis Ende 2025 auf 45 Prozent erhöhen. Die Tagung «Erste Schritte in den Schweizer Arbeitsmarkt», organisiert durch Heks beider Basel, das Pfarramt für weltweite Kirche und die Kontaktstelle für Arbeitslose, bringt Arbeitssuchende aus der Ukraine mit Unternehmen und Organisationen zusammen und bietet eine Plattform für den Austausch über Chancen und Herausforderungen der beruflichen Integration.

Krux und Segen: der Status S

Olena Horshkova ist 51 Jahre alt und vor drei Jahren in die Schweiz gekommen. Sie weiss aus eigener Erfahrung, wie anstrengend es sein kann, eine Arbeit zu finden. «Mein Eindruck», sagt sie, «ist, dass viele Arbeitgeber Angst vor dem Schutzstatus S haben. Sie wissen nicht, wie sie Menschen wie uns überhaupt einstellen sollen – und wenn sie es tun, dann schreckt sie der Aufwand ab. Schliesslich kann es sein, dass uns der Schutzstatus von heute auf morgen entzogen wird.»

Tatsächlich gilt der Schutzstatus S vorläufig nur bis März 2026 – vorausgesetzt, dass sich die Lage in der Ukraine bis dahin nachhaltig stabilisiert. Die Wahrscheinlichkeit ist allerdings gross, dass dies in einem Jahr nicht der Fall sein wird und der Bundesrat den Schutzstatus S für ukrainische Geflüchtete verlängert. Dazu kommt, dass Arbeitstätige zum Zeitpunkt der Auflösung des Schutzstatus zwölf Monate Zeit haben, die Schweiz zu verlassen. Wer ausserdem zu dem Zeitpunkt in einer Lehre ist, kann diese abschliessen.

Kürzere Wegen führen zur schnelleren Integration

Jenya Lavicka, Programmleiterin der Koordinationsstelle Flucht und Ankommen (eine Kooperation der Reformierten Kirche Baselland und von Heks), sieht eine vielseitige Problematik in der Arbeitsintegration von ukrainischen Geflüchteten. So sei es in vielen kleineren Kantonen oft einfacher, an Arbeitsstellen zu kommen, weil die Vernetzungswege kürzer sind und ein engerer Kontakt zwischen den Gemeinden und den lokalen Firmen besteht. «Rekrutierungsfirmen wie .Randstadt möchten sehr gerne Ukrainer und Ukrainerinnen anstellen, allerdings erhalten sie oft sehr kurzfristig Anfragen für Arbeitseinsätze und haben nicht die nötige Zeit, um Arbeitsbewilligungen zu bekommen. Es ist für sie tatsächlich oft einfacher, Menschen mit dem Status F einzustellen.»

Was es braucht, sei eine engere Zusammenarbeit zwischen den einzelnen Institutionen, so Lavicka. Sozialhilfe, Migrationsamt, RAV, Gemeinden und KMU in Basel-Landschaft müssten beispielsweise vermehrt zusammenspannen, um die Integration von arbeitsfähigen Personen zu fördern. Daraus liesse sich etwa ableiten, ob jemand einen Deutschkurs für ein bestimmtes Fachgebiet braucht. «Ausserdem sollten Coachings für arbeitsfähige Personen obligatorisch werden», meint Lavicka. «Ebenso müssten Deutschkurse bis mindestens Niveau B2 verpflichtend sein – und zwar ohne längere Pausen dazwischen. In diesen ‹stillen› Zeiten ohne Unterricht vergessen viele Geflüchtete das zuvor Gelernte wieder.»

Mit Vitamin B zum Job

Die Tagung in Liestal ist für viele Personen ein wichtiger erster Schritt. Im ersten Teil erhalten sie wichtige Informationen von verschiedenen Ämtern. So stellte etwa Daniela Visintin, Leiterin Personalentwicklungsangebote beim Arbeitgeberverband, vor, wie ein gelungenes Bewerbungsvideo aussieht und wo Arbeitssuchende offene Stellen finden. In einem zweiten Teil boten Vertreter eingeladener Firmen Workshops an. So konnten Interessierte zum Beispiel zum Speed-Dating mit Randstadt, wo sie ihre Lebensläufe vorlegen und besprechen konnten. Das Berufsinformationszentrum (BIZ), der Arbeitgeberverband sowie das Rote Kreuz und Novartis hatten zudem Informationsstände.

Olena Horshkova findet solche Veranstaltungen auf der Arbeitssuche unerlässlich. Sie selbst ist inzwischen Praktikantin bei Heks. «Vitamin B ist so wichtig», sagt sie. «Wir müssen jede Chance nutzen, die uns gegeben wird – auch wenn es vielleicht nicht unser Traumjob ist.» Auch Jenya Lavicka ist von der Tagung überzeugt: «Am Ende der Konferenz bekamen wir berührende Rückmeldungen», erzählt Lavicka. «Eine Teilnehmerin sagte: ‹Ich möchte Ihnen danken, dass Sie uns in dieser schwierigen Zeit nicht allein gelassen, informiert und unterstützt haben.›»

 

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