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Kommentar

Es tut gut

von Tilmann Zuber
min
01.12.2023
Der Kirchenbote greift im Dezember das Thema «randständig» auf. Wer in der Schweiz über Randständige spricht, kommt bald einmal auf Pfarrer Ernst Sieber. Der «Nationalheilige» fing in den Siebzigerjahren an, Obdachlose aufzunehmen. Ein Kommentar von Tilmann Zuber.

Ich durfte Pfarrer Ernst Sieber verschiedentlich interviewen, zuletzt eineinhalb Jahre vor seinem Tod. Wir sprachen auch über Weihnachten. «Weihnachten und Bethlehem ist eine Revolution», sagte er damals. «Denk nur, welche soziale und politische Revolution Jesus ausgelöst hat.» Die Weihnachtsbotschaft, die Heilsverheissung, gelte allen Menschen. Jeder dürfe die Akzeptanz und die Zuneigung Gottes für sich in Anspruch nehmen, auch die Flüchtlinge und Bedürftigen. «Gott nimmt Partei für alle.» Und dann erzählte Sieber eine seiner unvergesslichen Geschichten. Einmal sass ein Obdachloser in der Kirchenbank, als das Abendmahl verteilt wurde. Er nahm den Kelch, setzte ihn an und trank und trank. Der Kirchenpfleger dachte, der Obdachlose gebe den Kelch zurück. Nachdem er den Wein getrunken hatte, nahm er eine Handvoll Brot und ass es auf. Dann wandte er sich zur Gemeinde und sagte: «Das isch jetzt guet gsi!» Genau das ist das Abendmahl, das gemeinsame Mahl. Es tut gut und verkündet das Heil.


In diesem Sinne wünscht Ihnen die Redaktion eine gesegnete Adventszeit.

 

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