Homo-Ehe fordert die reformierte Kirche heraus
Auch homosexuelle Paare sollen heiraten dürfen. Dies hat die Rechtskommission des Nationalrates im Februar entschieden. Die Mitglieder unterstützten den grünliberalen Vorstoss mit 12 zu 9 Stimmen. Die Initiative verlangt, dass alle rechtlich geregelten Lebensgemeinschaften für alle Paare geöffnet sind, ungeachtet deren Geschlechts oder sexueller Orientierung. Bis jetzt kann man homosexuelle Partnerschaften in der Schweiz nur eintragen lassen.
Käme ein solches Gesetz zustande, hätte dies auch Einfluss auf die Heiratspraxis in der reformierten Kirche. Die meisten Kantonalkirchen kennen bislang zwar Segnungsfeiern für gleichgeschlechtliche Paare, Trauungen erlauben sie hingegen nicht. Hierfür braucht es den Nachweis der zivilrechtlichen Eheschliessung. Wird die Initiative angenommen, wird die reformierte Kirche entscheiden müssen, ob sie auch homosexuelle Paare kirchlich traut.
«Bei einer Annahme muss das Gespräch mit allen Mitgliederkirchen gesucht werden, um auf die neue Situation entsprechend reagieren zu können», sagte Gottfried Locher, Präsident des Schweizerischen Evangelischen Kirchenbunds SEK, am Rande einer Veranstaltung in Basel. Der SEK werde deshalb im Moment keine Position beziehen, sondern versuchen, unter seinen Mitgliedkirchen «eine Diskussion in gegenseitigem Respekt und in gegenseitiger Rücksichtnahme zu organisieren», so Anne Durrer, SEK-Sprecherin. Der Kirchenbund sei bereit, diesen Prozess zu führen und auch das notwendige Hintergrundmaterial zusammenzustellen.
Die Diskussion über die Einführung der Trauung von homosexuellen Paaren dürfte in der reformierten Kirche alte Gräben neu aufreissen. Schon bei der Einführung der Segnung lieferten sich liberale und konservative Kreise heftige Debatten.
Volk ist für Homo-Ehe
Beim Volk hätte die Öffnung der Zivilehe für gleichgeschlechtliche Paare durchaus Chancen. 71 Prozent der Schweizerinnen und Schweizer seien laut einer repräsentativen Befragung von gfs-zürich im Auftrag von Pink Cross dafür. Ein Plädoyer der reformierten Pfarrerin Sibylle Forrer für die Homo-Ehe im «Wort zum Sonntag» am Schweizer Fernsehen Anfang März entwickelte sich gar zum Quotenhit im Internet. Argumenten von Gegnern wie «Die Bibel kennt die Ehe nur zwischen Mann und Frau» entgegnet die Theologin, die Bibel kenne auch die Polygamie trotzdem sei diese in den meisten christlichen Ländern verboten. «Biblische Texte sind historische Texte, über deren Auslegung immer wieder neu gerungen werden muss», so Forrer.
Zum Bild: Arm in Arm zum Standesamt: Kalifornien anerkennt seit 2008 die gleichgeschlechtliche Ehe. | Reuters
Annette Meyer zu Bargholz
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