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Im Zeichen der Muschel: Pilgern als Maturarbeit

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01.01.2016
Während Kolleginnen und Kollegen die Sommerferien geniessen, wagt die Schaffhauser Maturandin Michèlle Menzi fünf Wochen Selbsterfahrung: Sie pilgert für ihre Maturarbeit auf dem Jakobsweg.

Die 19-jährige Michèlle Menzi hat ein ungewöhnliches Projekt vor. Allein mit ihrem Hund will sie im Sommer 800 Kilometer von Saint-Jean-Pied-de-Port nach Santiago de Compostela pilgern. Pro Tag wird sie sich 25 Kilometer vornehmen. Dabei, so sagt sie, will sie dem eigenen Ich auf die Spur kommen. Sie will ihre persönlichen Erfahrungen auf dem langen Weg mit denjenigen von Philosophen wie John Locke, David Hume oder Friedrich Nietzsche verbinden. «Ich begebe mich für meine Maturarbeit in eine Situation, die mich an meine Grenzen kommen lässt», sagt die junge Frau. «Was passiert dann mit mir, mit meinem Ich, wenn ich allein, erschöpft oder verzweifelt bin?»

Auch ganz praktische Gründe
Warum sucht sie keine Extrem­erfahrung in den Alpen, in der W­üste, am Himalaya, sondern auf einem Weg, der in einer religiösen Tradition steht? Ihr gefalle der Gedanke, sich auf der Suche nach dem Ich auf einen Weg zu begeben, den Abertausende schon mit ähnlichen Fragen beschritten haben, meint Michèlle Menzi. Die junge Frau bezeichnet sich aber nicht als gläubig. «Ich bin bestimmt keine religiöse Pilgerin, aber ich begebe mich auf den Weg einer spirituellen Selbsterfahrung.» Auch aus ganz praktischen Gründen hat sie den Jakobsweg gewählt: «Die Route ist vorgegeben, es gibt eine Infrastruktur für Wanderinnen wie mich.»
Wer pilgert, so eine alte Auffassung, bricht auf, begibt sich bewusst in die Fremde, wagt das Elend, um etwas Neues zu gewinnen. Die junge Frau mit ihrem Wunsch nach der Erfahrung von «meinem persönlichen Nullpunkt und Neuanfang», wie sie es auch ausdrückt, hat selbst schon viel Schwieriges erlebt. «Durch meine eher schwierigen familiären Verhältnisse musste ich schon früh einfach funktionieren, ich hatte nicht die Möglichkeit zu entscheiden, was in einer solchen Situation für mich richtig gewesen wäre.» Mit dem Auftrag, eine selbstständige Arbeit für die Matur zu schreiben, habe sie erkannt, wie wichtig es sei, sich selbst zu sein. «Dazu gehört, dass ich mein Ich überhaupt kenne», sagt die junge Frau. «Mit diesem Projekt wähle ich jetzt selbst den Weg, mich selbst zu finden.»

Auch das Religiöse selbst erfahren
Dass sie auf der Suche nach der Ich-Erfahrung auch religiöse Erfahrungen machen wird, schliesst sie nicht kategorisch aus. «Aber bisher konnte ich das, was ich im Religionsunterricht gelernt habe, nicht mit meiner Existenz zusammenbringen.»
Beim Fototermin hat Michèlle Menzi vorgeschlagen, ihren Hund Nanouk mitzunehmen. «Ohne Nanouk würde ich das Projekt nicht wagen», sagt die junge Frau. Nanouk, eher der verspielte Typ und weniger der Wachhund, stamme aus Sizilien und sei dort ein Strassenhund gewesen. Wegen ihm schultert Michèlle Menzi zum Rucksack auch noch das Zelt auf den Rücken. Denn Hunde seien in den spanischen Pilgerherbergen nicht willkommen.

Barbara Helg

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