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Kennt ihr Protestanten auch das Fegefeuer?

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01.01.2016
Es gibt alte, verstaubte Begriffe aus der Kirchengeschichte, die einen etwas ratlos zurücklassen: Etwa, jenen vom Fegefeuer. Hat dieses Bild heute noch eine Bedeutung?

Wir Protestanten versuchen uns in solchen Fragen immer an der Bibel zu orientieren. Da kommt das Fegefeuer als Ort und Zeit der Läuterung nicht vor. Allerdings ist in allen Schriften des Neuen Testamentes von einem Gericht die Rede. Es ist auch klar, dass es nur dann in der andern Lebensform Frieden geben kann, wenn einmal alles Unrecht, alle Verfehlungen, alle Kränkungen, alle Gemeinheiten, die wir erlitten oder begangen haben, auf den Tisch kommen und verarbeitet werden.

Dass es uns dabei im übertragenen Sinne heiss werden kann, liegt auf der Hand. Aber das Gericht will uns nicht vernichten. Es kann uns auch nicht von der Liebe Gottes trennen, die uns in Christus begegnet. Wenn die Verfasser des Neuen Testamentes erwarten, dass Christus selbst richten wird, so meinen sie: Christus wird uns auch im Gericht in jener therapeutischen Haltung begegnen, die er uns in seinem Erdenleben deutlich genug hat erfahren lassen. Er will heilen, nicht bestrafen.

In diesem Zusammenhang findet sich die einzige Stelle, auf die sich die Lehre vom Fegefeuer entfernt abstützen könnte: Paulus schreibt 1. Kor. 3 über jene, die die Gemeinde von Korinth auf dem Fundament von Jesus Christus aufgebaut haben. Im Feuer des Gerichts, komme dann aus, was und wie einer gebaut habe, ob mit Gold, Silber, Edelsteinen, Holz, Heu oder Stroh. Dann fährt er fort (Vers 15) «er selbst aber wird gerettet werden, freilich, wie durch Feuer hindurch.»

Man darf das sicher verallgemeinern: Das Feuer ist ein Bild für das Gericht. Da zeige sich dann, was wir im Leben gebaut hätten. Wessen Werk bestehen bleibt, der kann sich freuen, wessen Werk verbrennt, muss sich schämen. Bei uns Normalmenschen wird es wohl in unterschiedlichem Mass von beidem geben. Nicht der Mensch selbst wird da im Feuer geläutert, sondern sein Werk wird offen gelegt. Aber wir kommen nicht in den Himmel, weil wir so gut sind, sondern weil Gott gütig ist! Darum fällt es uns auch nicht ein, für die Verstorbenen zu beten; denn wir wissen sie in der Hand dessen, der es besser mit uns und unsern Angehörigen meint, als wir das könnten.

Hans Ulrich Jäger-Werth

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