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Humanitäre Katastrophe

Lage um Sudan überlastet humanitäre Hilfe

von Marius Schären/reformiert.info
min
19.12.2025
Über den Krieg im Sudan häufen sich Informationen über grauenhafte Taten. Mission 21 wirkt im Südsudan und ruft dringend zu Spenden auf.

Ein äusserst brutaler Machtkampf tobt seit April 2023 im nordostafrikanischen Land Sudan zwischen der Armee und der Miliz der Rapid Support Forces (RSF). Verstärkt ins internationale Blickfeld rückte der Krieg Ende Oktober. Die Rebellen eroberten die strategisch wichtige Stadt Al-Faschir. Und was seither bekannt wird, zeichnet das Bild einer humanitären Katastrophe riesigen Ausmasses.

Hilfsorganisationen und Forschende berichten übereinstimmend von massiver Gewalt gegen die Zivilbevölkerung. Gemäss der Deutschen Presseagentur (DPA) analysieren Wissenschaftler des Humanitarian Research Lab der Universität Yale Satellitenaufnahmen, um Truppenbewegungen, Bombardierungen und mögliche Massengräber zu dokumentieren. Nach ihren Einschätzungen könnten seit der Einnahme der Stadt mehrere Zehntausend Menschen getötet worden sein. Humanitäre Hilfe ist unmöglich, Hunger bestimmt seit Monaten den Alltag der Bevölkerung.

Beobachter: Leichenstapel und Schlachthaus

Innerhalb der ersten sieben bis zehn Tage nach der Eroberung seien über 140 Leichenstapel zu erkennen gewesen, zitiert die DPA Nathaniel Raymond, Direktor des Research Lab. Die Leichen würden verbrannt. Es sei ein Schlachthaus, sagt Raymond. Lebenszeichen von Zivilisten gebe es kaum. Zu sehen seien Bewegungen der RSF und Plünderungen.

Menschen fliehen vor Massakern und ethnischer Gewalt.

Die Not geht aber weit über Al-Faschir hinaus. Es gebe Zehntausende Binnenflüchtlinge, denen es an allem mangle, berichtet eine Expertin der Kinderhilfsorganisation Plan International. Geflüchtete würden an Kontrollpunkten ausgeraubt. Es gebe immer wieder Berichte über sexuelle Gewalt, gar von systematischem Missbrauch, um ganze Gemeinschaften zu demütigen. Dabei sei die Dunkelziffer hoch.

Auswirkungen im Südsudan

Das Schweizer Hilfswerk Mission 21 ist im Südsudan tätig, das südlich an den Sudan angrenzt. Katharina Gfeller, Abteilungsleiterin Internationale Beziehungen, bestätigt auf Anfrage, dass die Menschen im Sudan unter fehlender Sicherheit, Mangel an ärztlicher Versorgung und Medikamenten und fehlenden Lebensmitteln leiden. In den von der Rebellenarmee eroberten Gebieten erfolgten schreckliche Grausamkeiten gegen die Zivilbevölkerung. «Menschen fliehen vor Massakern und ethnischer Gewalt.»

Auch im Südsudan seien die Sicherheit fragil, die Gesundheitsversorgung mangelhaft und Lebensmittel «extrem knapp», hält Gfeller fest. Zwar sei das Land seit 2018 offiziell befriedet. «Aber Konflikte sind trotz Friedensabkommen teils ungelöst, es gibt immer wieder Gewalt, die politische Lage ist instabil.»

Kumulation von gravierenden Problemen

Felder blieben aus Angst vor Gewalt unbearbeitet, häufige Überschwemmungen zerstörten Ernten und zwängen Menschen zur Flucht zwangen. Hinzu kommt: «Hunderttausende Menschen – Flüchtende aus dem Sudan und Zurückkehrende aus dem Südsudan – verschärfen die angespannte humanitäre Situation.»

Das führt gemäss Katharina Gfeller zu einer ganzen Reihe von gravierenden Problemen. Für die Geflüchteten gebe es zu wenig Transit- und Aufnahmezentren für die Geflüchteten. «Es herrscht Mangel an Nahrung, sauberem Wasser, Unterkünften und medizinischer Versorgung.» Das habe etwa eine landesweite Cholera-Epidemie zur Folge, den Ausbruch des gefährlichen Marburg-Virus und tödliche Durchfallerkrankungen bei Kindern. Für Frauen und Mädchen sei das Risiko für sexualisierte Gewalt und Ausbeutung sehr hoch. «Kinder leiden unter Unterernährung, Traumatisierung, haben keinen Schulzugang – und die Lebensmittelpreise sind mit einer Inflation von 100 Prozent drastisch gestiegen.»

Es braucht Nothilfemassnahmen, friedensfördernde und traumabewältigende Massnahmen und Vertrauensbildung.

Massive Überlastung der Hilfe

Die Mission 21-Abteilungsleiterin nennt die Folgen mit klaren Worten: «Die schwierige Situation führt zur massiven Überlastung der humanitären Hilfe, denn Behörden und humanitäre Organisationen sind überlastet und stark unterfinanziert.» Fatal seien dabei der Wegfall der Gelder von Usaid, der von der Regierung Trump aufgehobenen US-Organisation, und drastische Kürzungen der Gelder verschiedener UN-Organisationen.

Umso wichtiger ist es gemäss Katharina Gfeller, jetzt möglichst vor Ort zu bleiben und weiterhin zu unterstützen. «Es braucht Nothilfemassnahmen, friedensfördernde und traumabewältigende Massnahmen und Vertrauensbildung.» Ihre Organisation habe Ende 2024 ein humanitäres Hilfsprogramm gestartet und 2025 erweitert, humanitäre Hilfe teils in bestehenden Projekten integriert. «Durch die gute Vernetzung unserer Partnerkirchen und -organisationen hat Mission 21 zudem die Möglichkeit in sehr entlegene Teile des Südsudans zu kommen», sagt Gfeller.

Was die Schweiz tun kann

Sollten Menschen in der Schweiz angesichts der dramatischen Lage in den beiden afrikanischen Ländern etwas tun wollen, gibt es gemäss Katharina Gfeller in erster Linie eines: spenden. «Das ist sehr wichtig und dringend notwendig, da die internationale Finanzierung bei weitem nicht ausreicht und sogar zurückgeht.»

Ferner wäre förderlich, Kampagnen zu unterstützen, die mehr Gelder für die humanitäre Hilfe und die Entwicklungszusammenarbeit fordern. Verstärkt würde dies dadurch, diese Haltung auch öffentlich zu betonen und den Kontext zu erklären. Schliesslich findet es die Abteilungsleiterin bei Mission 21 wichtig, Politikerinnen und Politiker zu wählen, die sich für eine humanitäre Schweiz einsetzen. Und: «Beten für die Menschen im Sudan und im Südan. Für den Frieden.»

 

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