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Matthäus Merian der Ältere

Medienpionier des 17. Jahrhunderts

von Toni Schürmann
min
28.08.2025
Der Kupferstecher und Verleger Matthäus Merian der Ältere (1593–1650) ist einer der berühmtesten Basler. Seine Bibelbilder sind ab Mitte September in einer umfassenden Ausstellung im Basler Münster zu sehen.

«Bekannt ist Matthäus Merian der Ältere heute vor allem für seine Stadtansichten und seinen Vogelschauplan Basels von 1617», erklärt Christoph Ramstein, Pfarrer, Merian-Sammler und Initiator der Ausstellung. «Seine Bibel-Illustrationen sind hingegen weitgehend in Vergessenheit geraten – und dies, obwohl sie eine einmalige Wirkungsgeschichte entfaltet haben. Die Bilder prägten über Jahrhunderte, woran die Menschen glaubten.»

400-Jahr-Jubiläum

Matthäus Merian hat seine «Icones Biblicae» ab 1625 veröffentlicht. Das 400-Jahr-Jubiläum ist Anlass, sie erstmals überhaupt mit einer Ausstellung zu würdigen. Das Basler Münster bietet dazu einen stimmungsvollen Rahmen. «Für die Ausstellung werden die Bilder medial ganz neu aufbereitet und erzählt – theologisch, kunsthistorisch, mediengeschichtlich. Die Inhalte verknüpfen wir mit partizipativen Elementen», sagt die Kulturvermittlerin und Co-Kuratorin Barbara Piatti. Die Besucherinnen und Besucher können zusehen, wie die Künstlerin Helga Halbritter an der Kupferpresse mit einer Originalplatte aus Merians Werkstätte druckt. Sie sind eingeladen, mit KI-Tools zu experimentieren und in «Merians Traum» einzutauchen, eine immersive Ton- und Bildproduktion. Für Kinder und Familien findet unter dem Titel «Die Sage aus dem Kupferreich» in der Allgemeinen Lesegesellschaft und der St. Theodorskirche eine Merian-Erzählnacht zum Mitmachen statt.

Heute Social-Media-Star

«Würde Matthäus Merian heute seine Illustrationen posten, wäre er ein viel beachteter Influencer in den sozialen Medien. Seine dramatischen Bibelszenen fanden Verbreitung in ganz Europa und darüber hinaus», sagt Gabriel Schaffter, Historiker und Co-Kurator. Wie unsere Gegenwart war auch schon das 17. Jahrhundert ein Zeitalter der Bilder. Der vorwiegend in der Buchmessen-Stadt Frankfurt am Main arbeitende Merian verstand es wie kein anderer, sein künstlerisches Talent mit kaufmännischem Kalkül zu kombinieren. Er war einer der erfolgreichsten Verleger seiner Zeit. «Merian war ein Meister und Beschleuniger der Bildproduktion. Hierzu nutzte er die Technik des Kupferstichs, die auf massenhafte Bildproduktion ausgelegt war und gleichzeitig künstlerische Feinheiten erlaubte», erklärt Christoph Ramstein.

 

Merians Bibelbilder wie hier die Arche Noah waren bis ins 19. Jahrhundert sehr verbreitet.  | Foto: Schürmann

Merians Bibelbilder wie hier die Arche Noah waren bis ins 19. Jahrhundert sehr verbreitet.  | Foto: Schürmann

 

Unter dem Titel «Icones Biblicae» veröffentlichte Merian insgesamt 233 Radierungen. Diesen Bilderzyklus fügte ein Strassburger Verleger 1630 erstmals gesamthaft dem Text der Lutherbibel bei. Bis ins 19. Jahrhundert zählten Merians Bibel-Illustrationen zu den meistverbreiteten Bildmotiven überhaupt. In seiner Autobiografie beschreibt Goethe eine frühe Erinnerung an Merians einflussreiches Werk: «Die grosse Foliobibel, mit Kupfern von Merian, ward häufig von uns durchblättert.»

Gegenstände der Alltagskultur

«Merians biblische Bilderwelt wurde sowohl im reformierten und katholischen, aber auch im orthodoxen und sogar im jüdischen Umfeld aufgegriffen, kopiert und neu interpretiert», sagt Christoph Ramstein. So zieren Merian-Bilder europaweit – und darüber hinaus – Kirchenbauten und religiöse Schriften, aber auch Gegenstände der Alltagskultur wie Ofenplatten, Wandfliesen, Möbel, Trinkgefässe oder Tabakdosen. Von dieser aussergewöhnlich breiten Rezeption zeugt die Privatsammlung Christoph Ramsteins. Ausgewählte Objekte der Sammlung sind in der Ausstellung zu sehen.

Die Ausstellung im Basler Münster lädt dazu ein, die biblischen Bildikonen neu zu entdecken und ihre Wirkungsgeschichte zu verstehen. Beginnend beim Hochchor führen szenografische Elemente die Besucherinnen gezielt durch die Ausstellung. «Für die Ausstellung dürfen wir den Konzilsaal und die Alte Sakristei bespielen. Es sind Räume, die normalerweise für die Öffentlichkeit nicht zugänglich sind, also eine zusätzliche Attraktion», sagt Barbara Piatti.

 

Merians Bibel-Ikonen

Unter dem Titel «Iconic! Eintauchen in Matthäus Merians biblische Bild­welten» findet von 13. September bis 16. November im Basler Münster eine Ausstellung zu den «Icones Biblicae» von Matthäus Merian dem Älteren statt – jeweils freitags bis sonntags zu den offiziellen Münster-Öffnungszeiten. Der Eintritt ist frei.

Zur Vernissage am Freitag, 12. September, 17 Uhr im Basler Münster sind alle Interessierten herzlich eingeladen.

Alle Informationen zu den Öffnungszeiten und zum reichhaltigen Rahmenprogramm mit Druckperfomances an der Kupferpresse, Führungen, Volkshochschulkurs und Merian-Erzählnacht unter: www.iconic-merian.ch

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