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Andrea Hofmann

«Nun sehe ich den Rhein wieder täglich»

von Toni Schürmann
min
26.01.2024
Seit Anfang Januar ist Andrea Hofmann Professorin für Kirchen- und Theologie­geschichte an der theologischen Fakultät der Universität Basel. Ihr Leben folgte wiederholt dem Lauf des Rheins.

Frau Hofmann, wie würden Sie sich bei einem offiziellen Abendessen der theologischen Fakultät den Tischnachbarn vorstellen?

Ich bin 1983 in Ludwigshafen in Rheinland-Pfalz geboren und über die Jahre eng mit dem Rhein verwurzelt geblieben – wenn man das bei einem Fliessgewässer überhaupt so sagen kann. Nach dem Abitur habe ich Theologie und Musikwissenschaft in Heidelberg und Salzburg studiert. Anschliessend folgte die Promotion in Kirchengeschichte über Psalmlieder in der Reformationszeit. 

Eine wunderbare Kombination …

Ja, das war ganz schön, denn da konnte ich meine beiden Fächer nochmals verbinden. Nach der Doktorarbeit bin ich 2013 ans Leibniz-Institut für Europäische Geschichte in Mainz – ­wieder an den Rhein! – gewechselt und habe dort an meiner Habilita­tionsschrift «Kriegsbilder in protestantischen Predigten und Andachtsschriften des Ersten Weltkriegs» gearbeitet. Darin habe ich vor allem die Region Baden, Pfalz, das Elsass und Württemberg in den Blick genommen – im Prinzip die Grenzregion zu Frankreich. 

Kriegspredigten – das klingt inte­ressant. Wie weit war die Kirche im Deutschen Kaiserreich eine kriegstreibende Kraft?

Das ist eine spannende Frage. 1914 haben viele Pfarrer im ganzen Kaiserreich den Krieg befürwortet und in ihren Predigten für die Teilnahme am Krieg geworben. In den Predigten, die ich für mein Habilitationsprojekt ausgewertet habe, stand im weiteren Verlauf des Krieges aber dann nicht mehr so sehr die politische Kriegspropaganda im Mittelpunkt, sondern das Leid der Menschen, auf das die Pfarrer reagieren mussten. Im Elsass wurden ausserdem einige Pfarrer mit einem Predigtverbot belegt, weil sie offen für eine Unterstützung der Franzosen und nicht der Deutschen plädiert hatten. Gerade Predigten aus der deutsch-französischen Grenzregion zeigen, dass sich dort ansässige Pfarrer dem Oberrhein als Region zwischen Deutschland und Frankreich viel stärker verbunden fühlten als dem fernen Berlin, wo der Kaiser residierte.

Wie ging’s bei Ihnen dann beruflich weiter?

2017 habe ich entschieden, nochmals an eine Uni zu gehen, da mir am Leibniz-Institut, wo es ausschliesslich um die Forschung geht, die Lehre fehlte. Ich wechselte in die deutsche Hauptstadt Berlin und war dort – unterbrochen von einem Studienaufenthalt in Strassburg – als Assistentin an der theologischen Fakultät tätig. Nach Abschluss meiner Habilitationsschrift verbrachte ich ein Jahr als Stipendiatin am Alfried-Krupp-Kolleg in Greifswald an der Ostsee. Anfang Jahr habe ich an der Uni Basel als Nachfolgerin von Martin Kessler die Professur für Kirchen- und Theologiegeschichte angetreten. Nun sehe ich den Rhein wieder täglich. 

Haben Sie einen speziellen Bezug zur Schweiz oder gar zu Basel?

Es ist tatsächlich so – und das finden dann immer alle ganz lustig –, dass mein Urgrossvater aus einer Basler Familie stammt und später nach Baden-Württemberg gezogen ist. Insofern hat Basel in meinem Leben schon immer eine Rolle gespielt. Ich erinnere mich an viele Erzählungen meiner Grosseltern zu unserer Familiengeschichte, in denen jeweils Basler Pfarrer und Künstler vorkamen. Wilhelm Balmer, der Anfang des 20. Jahr­hun-derts verschiedene Fassadenbilder am Basler Rathaus schuf, ist beispielsweise eines dieser Familienmitglieder.

Also eine Rückkehr zu den eigenen Wurzeln. Was schätzen Sie denn an Basel besonders? 

Natürlich die vielen tollen Museen und speziell die Scola Cantorum Basiliensis, quasi die Institution für Alte Musik. Kulturell hat Basel unheimlich viel zu bieten.

Zurück zur Uni: Welchen Forschungsschwerpunkt haben Sie in nächster Zeit auf dem Radar?

Derzeit bin ich gerade daran, ein grösseres Projekt zu erarbeiten. Darin geht es um Frauen und Frömmigkeit in der frühen Neuzeit. Die Quellen­recherche von Texten in Andachts-, Gebets- und Gesangbüchern, die von Frauen im 16. und 17. Jahrhundert verfasst wurden, ist in vollem Gang. Von dieser Literatur gibt es nämlich viel mehr, als man so denkt. Aber leider wird sie nicht so richtig ernst genommen. Ich denke jedoch, dass diese Texte einen grossen Einfluss auf die Theologie und die Frömmigkeit in dieser Zeit hatten. 

Und worauf freuen Sie sich an der Uni am meisten?

Ach, ich freue mich einfach total auf die Lehrveranstaltung, die für mich eine wichtige Rolle spielt, und auf die Studierenden, mit denen ich mich gerne austausche. Ich habe immer das Gefühl, dass ich von ihnen viel lernen kann. Andererseits hoffe ich natürlich, dass ich den Studierenden ebenfalls etwas vermitteln kann.

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