Offene Kirchentüren und offene Herzen
Julia Schwöbel strahlt, als sie auf ihre Wahl in den Synodalrat der Reformierten Kirche Kanton Luzern angesprochen wird. «Ich freue mich wirklich sehr. Ich sehe das nicht als Amt, sondern als eine schöne, wertvolle, sinnstiftende Aufgabe.» Schwöbel ist Unternehmerin, Mutter, engagierte Luzernerin – und neu eines der Gesichter der Leitungsebene der reformierten Kirche im Kanton Luzern.
Ihre Wurzeln reichen tief. Aufgewachsen in der Stadt Luzern, ist sie seit jeher mit der Lukaskirche verbunden. Dort wurde sie 1988 konfirmiert, dort wurden auch ihre beiden Kinder getauft und konfirmiert. «Ich bin durch und durch reformiert», sagt sie lachend. Ihr Glaube hat sich im Laufe der Jahre verändert. Er ist tiefer geworden. «Vor allem durch meine Auslandsaufenthalte habe ich meinen eigenen Glauben und meine spirituelle Heimat ganz neu schätzen gelernt», erzählt die 51-Jährige.
Gerechtigkeit, Nächstenliebe und Barmherzigkeit
In der Kirche fand sie stets Halt – und diesen Halt will sie nun auch anderen geben. Besonders wichtig sind ihr dabei Gerechtigkeit, Nächstenliebe und Barmherzigkeit. «Das sind die drei Grundgedanken, die mich prägen – im privaten wie im beruflichen Alltag. Ich versuche, gerecht zu handeln, zuzuhören, Menschen zu begegnen, ohne etwas zu erwarten. Einfach so, aus Überzeugung.»
Mit ihrem Engagement im Synodalrat möchte sie der Kirche etwas zurückgeben. Besonders die niederschwelligen Angebote für Kinder und Familien seien wertvoll und heute nötiger denn je. Sie erzählt, wie sie als Mutter erlebt hat, wie stark ein frühes kirchliches Erleben wirken kann. Das bleibt. «Es ist wie ein zusätzliches Fundament neben der Familie.»
Die zweifache Mutter bringt nicht nur Herzblut, sondern auch unternehmerisches Denken mit. Als Geschäftsführerin der Rathaus Brauerei Luzern AG ist sie es gewohnt, Verantwortung zu übernehmen. «Ich nehme mir bewusst Zeit für Begegnungen. Ich will wissen, was die Menschen beschäftigt. Das hilft mir, die Herausforderungen unserer Gesellschaft zu verstehen.» Und Herausforderungen gibt es viele – auch für die Kirche. Schwöbel wünscht sich, dass sie sichtbarer und offener wird. «Ich möchte, dass die Türen wirklich offen stehen – nicht nur im übertragenen Sinn, sondern ganz konkret. Es wäre schön, wenn unsere Kirchen als lebendige Orte wahrgenommen würden, als Räume der Begegnung und der Inspiration.» Die Kirche müsse sich nicht neu erfinden, aber präsenter sein – vor Ort und auch digital.
Ein Thema, das ihr besonders am Herzen liegt, ist die Gesundheitsseelsorge. «Da tut sich gerade etwas ganz Spannendes. Es ist eine grosse Chance, dass die Kirche im medizinischen und gesellschaftlichen Bereich präsent ist und Menschen unterstützt – ganz konkret, ganz nah.» Sie plädiert dafür, neue Wege zu gehen, Dinge auszuprobieren, unternehmerisch zu denken. Manchmal müsse man einfach etwas wagen. Es brauche Mut, Begeisterung und den Willen, Verantwortung zu übernehmen.
Mehr Leben in der Kirche
Trotz ihrer vielen Verpflichtungen findet sie Zeit für ihr neues Engagement. Denn die Kirche ist für sie sinnstiftend, gemeinschaftlich, offen für alle. «Ich wünsche mir, dass wir wieder wachsen. Dass wir Mitglieder gewinnen, mehr Hochzeiten feiern, mehr Leben in der Kirche spüren. Und dass wir die junge Generation mitnehmen – nicht nur über Rituale wie die Konfirmation, sondern mit echten Beziehungen und Angeboten, die sie ansprechen.»
Zum Schluss zitiert Julia Schwöbel ihren Konfirmationsspruch – ein Satz, der sie seit ihrer Jugend begleitet: «Bittet, so wird euch gegeben; suchet, so werdet ihr finden; klopfet an, so wird euch aufgetan.» Dieser Vers aus dem Matthäusevangelium ist für sie mehr als ein schöner Bibeltext. Es ist eine Haltung. «Ich habe immer wieder erlebt, dass es wirklich so ist. Und genau das möchte ich weitergeben.»
Offene Kirchentüren und offene Herzen