Party mit Jesus: Action, Acts und Evangelisation
Der Bass hämmert dumpf. In der Lounge kuscheln sich Jugendliche in den Sitzgruppen. Der Fanshop verkauft CD und T-Shirt. Und strahlende Girls empfangen einen mit Gummibärchen. Wer einen Abend der Reloveution-Tour besucht, glaubt, er wäre an einem Hip-Hop-Konzert. Wäre da nicht das überdimensionale Kreuz, das in helles Licht getaucht, an der Seite des Saals wartet. Denn statt um Sex, Drogen und Rock nRoll geht es bei der Reloveution-Tour um eine «bombastische message», verspricht der Moderator in der Begrüssung, «um Jesus Christ».
Reloveution-Tour ist ein evangelistischer Grossevent, der durch die Deutschschweiz tourt. Die Verantwortlichen stehen Campus für Christus nahe. Ziel ist es, dass «eine breite Masse Gott persönlich kennen lernt».
Konkret geschieht dies in Oensingen mit einem Sumo-Contest, den «hochkarätigen Acts» wie der deutschen Band «Good Weather Forecast» und dem Hip-Hop-Musical «Nassilia». Der dreitägige Event, der von sechs reformierten Kirchgemeinden und drei Freikirchen am Jurasüdfuss getragen wird, ist hochprofessionell. 1100 Kids und Teenager, unter denen die graumelierte Pfarrerschaft rasch auffällt, strömten in den Bienkensaal.
«Badewanne voll Lindorkugeln»
Die «Mega coole Sache» stand am Sonntagabend unter dem Motto «to be unkaputtbar» (sei unzerstörbar). Mit federndem Schritt springt Prediger Andreas Boppart, in der freikirchlichen Szene besser bekannt als «Boppi», auf die Bühne. Mit Witz und Charme macht der Bündner den Jungchristen das Himmelreich Gottes schmackhaft «schmeckt wie eine Badewanne voll Lindorkugeln», so Boppi. Auch wenn sein humorvoller Auftritt frisch und frei rüberkommt, so ist seine Botschaft konservativ und folgt den gängigen Evangelisationsmustern. Anschaulich demonstriert der Prediger die christliche Auferstehungshoffnung mit seiner schwarzen Socke, die für die Seele steht, und einer Kleenex-Box, die den menschlichen Leib darstellt. Wenn Socke und Box im Schatten verharren, werden sie vergehen. Finden sie Jesus Christus, so werden sie ewig leben. «Denn Gott möchte dein Leben recyclen»,
beschreibt dies Boppi ganz ökologisch. Die Evangelisation endet im Aufruf nach vorne zum Kreuz zu kommen und sein Leben Christus zu übergeben. Rund vierzig Jugendliche folgen dem Aufruf, darunter ein paar Kinder.
Kein Druck auf die Jugendlichen
Udo Müller, Pfarrer der Kirchgemeinde Oensingen, der mit seinen Konfirmanden den Anlass besuchte, stellte fest, dass diese Art Kirche den Jugendlichen durchaus zusagte. Für den reformierten Pfarrer von Niederbipp Daniel Ritter stellt diese Art der Evangelisation kein Problem dar. Er findet es gut, dass «reloveution» das Evangelium so prägnant und jugendgerecht weitergebe. Er unterstützt den Anlass in Oensingen, da «kein Druck auf die Jugendlichen zur Bekehrung ausgeübt wird».
Sollte man mit Konfirmanden eine solche Evangelisation besuchen? Für Georg Schmid von der evangelischen Informationsstelle «Kirche Sekten Religionen» ist dies kein Problem. Schmid selbst besuchte mit Konfirmanden Gottesdienste von ICF. Rund die Hälfte der Jugendlichen habe die Show toll gefunden, wovon ein Teil allerdings die Botschaft weniger ansprechend fand. Wichtig sei deshalb, erklärt Schmid, dass man aufzeige, dass der evangelikale Glaube nur eine Form des Christentums neben vielen anderen sei. Rückmeldungen zu «Reloveution-Tour» sind Georg Schmid nicht bekannt. Das zeige, sagt Georg Schmid, dass sich keine Eltern über den Anlass aufregten und Evangelisationen heutzutage nicht die breite Wirkung erzielen.
Daniel Ritter ist mit dem Verlauf der drei Tage zufrieden: «Hier wurde Jugendlichen gezeigt, dass Kirche nicht veraltet ist und dass Gottes Botschaft auch im 21. Jahrhundert mitten ins Leben und ins Herz trifft.» Oder mit Boppi formuliert: «Voll in die Birne!»
Zum Bild: Sumo-Ringen mit dem Pastor: Spass und christliche Botschaft. | zuber
Tilmann Zuber
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