Weltkirchenrat prangert Israel an
Der Weltkirchenrat wirft Israel vor, gegenüber dem palästinensischen Volk ein System der Apartheid zu praktizieren. Die Situation in Palästina und Israel habe inzwischen ein Ausmass angenommen, das nach Ansicht des ÖRK-Zentralausschusses «einen eklatanten Verstoss gegen das humanitäre Völkerrecht, die Menschenrechte und die grundlegendsten Prinzipien der Moral» darstellt, wie das zweithöchste Leitungsgremium am Dienstag zum Abschluss seiner Tagung im südafrikanischen Johannesburg erklärte. Der Ökumenische Rat der Kirchen ruft die internationale Gemeinschaft zu entschiedenem Handeln auf.
«Wir nehmen das von Israel dem palästinensischen Volk auferlegte System als Apartheid wahr, das gegen das Völkerrecht und das moralische Gewissen verstösst, und prangern es an», heisst es in der Erklärung. In dem Text wird gefordert, die «Realität der Apartheid beim Namen zu nennen».
Der Begriff Apartheid mit Bezug auf Israel ist in der Ökumene hochumstritten. Die elfte Vollversammlung des ÖRK in Karlsruhe im September 2022 endete mit einem Kompromiss: Der Weltkirchenrat hatte Israel damals nicht zum Apartheidstaat erklärt. Vor einer solchen Einstufung hatten insbesondere Antisemitismus-Beauftragte und jüdisch-christliche Verbände gewarnt.
In der jetzt in Südafrika veröffentlichten Erklärung des ÖRK-Leitungsgremiums heisst es: «Wir erkennen einen klaren Unterschied zwischen dem jüdischen Volk, unseren Glaubensgeschwistern, und den Handlungen der israelischen Regierung an und bekräftigen, dass der ÖRK entschieden gegen jede Form von Rassismus, einschliesslich Antisemitismus, antiarabischem Rassismus und Islamfeindlichkeit, eintritt.» Die Unterdrückung im Westjordanland und in Jerusalem zwinge die Kirchen, sich klar für die Grundsätze der Gerechtigkeit nach internationalem Recht einzusetzen.
Die Erklärung fordert «Staaten, Kirchen und internationale Institutionen auf, Konsequenzen für Verstösse gegen das Völkerrecht zu verhängen, darunter gezielte Sanktionen, Desinvestitionen und Waffenembargos». Der Internationale Strafgerichtshof und die Mechanismen der Vereinten Nationen, die mögliche Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit untersuchten, «müssen uneingeschränkt unterstützt werden.»
Zuvor hatte der ÖRK-Zentralausschuss sein Entsetzen über den Bombenanschlag auf die griechisch-orthodoxe Mar-Elias-Kirche im syrischen Damaskus ausgedrückt: «Es ist der erste Selbstmordanschlag in Damaskus seit dem Sturz des Assad-Regimes im Dezember 2024 und stellt eine erneute Bedrohung für die Sicherheit der christlichen Kirchen und Gemeinschaften in Syrien in der Zeit nach Assad dar.» Der ÖRK sprach allen Hinterbliebenen und Verletzten sein tiefes Beileid aus und betete für ihre Genesung und Sicherheit.
Der Zentralausschuss des Ökumenischen Rats der Kirchen (ÖRK) tagte vom 18. bis 24. Juni in Johannesburg. Heinrich Bedford-Strohm leitete die Sitzung. Pfarrerin Rita Famos, Präsidentin der Evangelisch-reformierten Kirche Schweiz (EKS), nahm ebenfalls teil. Sie ist seit 2023 Mitglied im Zentralausschuss des ÖRK. Die Evangelisch-reformierte Kirche Schweiz gehört seit 1948 dem ÖRK an. Der Zentralausschuss besteht aus 158 Mitgliedern, den regionalen Präsidentinnen und Präsidenten des ÖRK sowie 100 Beratern aus der ökumenischen Bewegung. Während der Tagung nahm der ÖRK vier neue Mitgliedskirchen auf: Kirchen in Nigeria, Malawi und Liberia sowie den Bund Evangelisch-Freikirchlicher Gemeinden in Deutschland. Der ÖRK umfasst nun 365 Mitgliedskirchen mit weltweit mehr als 580 Millionen Christinnen und Christen. Die katholische Kirche ist kein Mitglied, arbeitet aber mit dem Weltkirchenrat zusammen.
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