Wo Männer Wurzeln schlagen
«Gartenarbeit hat etwas mit Regelmässigkeit und mit Boden zu tun – und die Kommunikationsschwierigkeiten bei unterschiedlichen Muttersprachen sind auch nicht so gross», erklärt Roberto Rivetti, Programmmitarbeiter Kreis Garten und Gesellschaft beim Hilfswerk der Evangelisch-reformierten Kirche Schweiz (Heks). Gartenarbeit schaffe Vertrauen, insbesondere wenn man sie zusammen erledigt. «Und darüber öffnen sich die Menschen. Diese Erfahrung haben wir immer wieder gemacht», sagt Rivetti. Den Männergarten könne man zu Recht als «Down to earth»-Projekt bezeichnen. «Wir bearbeiten den Boden und wollen mit diesen Menschen im wahrsten Sinne des Wortes etwas zu tun haben.»
Die Männer fühlen sich entwurzelt. Sie haben zum Teil krasse Fluchterfahrungen gemacht.
Geflüchtete Menschen leben nach ihrer Ankunft in der Schweiz oft isoliert, in beengten Wohnverhältnissen und sind arbeitslos. Eine sinnvolle Tagesstruktur und ein soziales Netzwerk fehlen. Ausserdem leidet eine grosse Zahl der Geflüchteten an den Folgen von Traumatisierung und der Ungewissheit über ihre Zukunft. «Die Männer fühlen sich entwurzelt. Sie haben zum Teil krasse Fluchterfahrungen gemacht. Sie schlagen hier in einer für sie völlig fremden Kultur auf, die sie nicht verstehen – einmal ganz abgesehen davon, dass ihnen die nötigen Sprachkenntnisse fehlen», erklärt Roberto Rivetti.
Garten als Metapher fĂĽr die Gesellschaft
Gestartet ist das Heks mit dem Projekt «Mann sein zwischen den Kulturen», kurz «MasKu», 2024 mit Gesprächsrunden. Interkulturell Vermittelnde – oft mit eigenem Migrationshintergrund – haben geflüchtete Menschen zum Beispiel in Migrationszentren abgeholt und zu Gesprächsrunden eingeladen. Die finanzielle Förderung des Programms «MasKu» durch den Kanton Basel-Stadt geht zurück auf einen Anzug von Grossrat Christian von Wartburg aus dem Jahre 2020.
Von Wartburg bemängelte damals, dass es in Basel zwar diverse Beratungs- und Unterstützungsangebote für Personen mit Migrationshintergrund und für Geflüchtete gebe, aber kaum Angebote, die sich auf männerspezifische Themen fokussierten. «Im Jahr 2025 haben wir das Projekt ‹MasKu› dann mit einem neuen Ansatz verknüpft. Mit den Erfahrungen aus dem Programm ‹Neue Gärten› konnten wir die Männer einfacher zusammenbringen. Dank der Gartenarbeit gelang es, mit den Menschen in regelmässigem Austausch zu sein. Wir konnten die Hemmschwelle senken und mit den Männern über verschiedenste Themen sprechen», sagt Roberto Rivetti. «Männer erleben spezielle Herausforderungen bei der Integration. Ihre bisherigen Rollen, beispielsweise als Vater und Ernährer, sind in Frage gestellt.» Einher gehe der Statusverlust im neuen Land.
Ziel ist es, dass die Männer ein Bewusstsein für ihre neue Rolle entwickeln können.
Seit dem faktischen Start des Männergartens Mitte Mai 2025 haben an den Gartengesprächen rund 90 Männer unterschiedlichen Alters teilgenommen. Die Altersspanne reicht von knapp 20 Jahren bis weit über 60 Jahre. Die Männer kommen aus Ländern wie Afghanistan, Syrien, Irak oder dem Iran. Mit den muttersprachlichen interkulturell Vermittelnden deckt das Heks in der Betreuung mehrere Sprachen ab: beispielsweise Arabisch, Dari/Farsi, Paschtu oder Englisch.
Freundschaften pflegen
Der Garten sei weit mehr als nur ein schöner Ort mit sinnvollen, bodenständigen Tätigkeiten. «Er ist ein sozialer Treffpunkt, wo Begegnung und Austausch auf Augenhöhe sowie Integration möglich werden», sagt Roberto Rivetti. «Wir treffen uns am späteren Nachmittag oder am Abend, weil die Leute am Arbeiten oder anderweitig beschäftigt sind.» Man arbeitet zuerst im Garten und erledigt, was gerade so anfällt. Anschliessend gibt es ein vorbereitetes Gesprächsthema, das von den interkulturell Vermittelnden vorbereitet wurde. «Manchmal ergeben sich aber auch Themen, auf die man während des Gärtnerns kommt. Man bespricht dann irgendwelche Dinge im Garten – beispielsweise, was gerade im Garten gemacht werden muss und wer den Lead haben soll», erklärt Rivetti. Die Frauen der Männer seien dem Projekt gegenüber positiv eingestellt. Sie seien froh, dass ihre Männer eine Beschäftigung haben. «Unser Ziel ist es, das Soziale und die Gemeinschaft zu stärken und so ein Erfolgsmodell zu entwickeln, dessen Anziehungskraft weitere Interessenten in den Bann zieht.»
www.heks.ch/was-wir-tun/masku-maennergarten
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