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«Es waren spannende Jahre»

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29.10.2021
Seit 20 Jahren ist Pfarrer Urs Jäger im Amt. Nach Einsiedeln kam er nach zahlreichen Umwegen. Vor allem hatte er nie daran gedacht, in seinen Heimatort zurückzukehren. Einblick in eine Pfarrdynastie, die heute selten geworden ist.

Es war April 2001, als der Pfarrer von Einsiedeln, Hansuli Jäger, in Ruhestand ging. Nur drei Monate später trat Urs, sein Sohn, in die Fussstapfen des Vaters. Dabei sah es lange so aus, als würde dieser einen anderen Weg einschlagen. Der junge Gymnasiast hatte sich für ein Medizinstudium in Zürich entschieden. Auf diesem Weg wollte er den Geheimnissen der menschlichen Existenz auf die Spur kommen. Doch nach dem dritten Semester musste er sich eingestehen, dass er erstens nicht dafür geschaffen war, am menschlichen Körper zu arbeiten. Und zweitens, dass die Grundfrage menschlichen Lebens nicht durch die Medizin beantwortet werden kann. Also entschied er sich, Theologie zu studieren. «Es war kein Ruf von Gott», gibt er zu. Doch der Entscheid sei der richtige gewesen. Denn so musste er sich täglich mit Gott befassen und konnte sich nicht ablenken lassen. «Es tut mir gut, dass ich mich mit Gott befassen muss.»

TV-Pfarrer im Tessin
Nach dem Studium zog es Urs Jäger ins Tessin. Dort arbeitete er als Radio- und TV-Pfarrer zehn Jahren lang. Bis er schlussendlich angefragt wurde, ob er nicht die Nachfolge seines Vaters in Einsiedeln antreten wolle. «Das geht nicht, war mein erster Gedanke», erinnert sich Urs Jäger. «Zwei Generationen an Pfarrern in derselben Gemeinde, das konnte unmöglich funktionieren.» Seine Frau jedoch fand den Gedanken schön, in Einsiedeln zu wohnen. Also überwand er seine Bedenken, bewarb sich und wurde verpflichtet.

Erstes Pfarramt mit 39
Er war also nach Einsiedeln zurückgekehrt, nachdem er sich nie hatte vorstellen können, dorthin zurückzukehren. Doch alles ging glatt. Vergleiche mit dem Vater, vor denen er gebangt hatte, wurden nicht gezogen. Neues konnte er problemlos einführen. Auch der Vater freute sich, dass sein Sohn zurückgekehrt war, und vermied es, ihm gute Ratschläge zu erteilen. Es war sein erstes Pfarramt, das Urs Jäger mit 39 Jahren antrat. Zwar hatte er während der Arbeit im Tessin hin und wieder in den Ferien Gottesdienste übernommen. Die Arbeit war ihm daher nicht völlig fremd. Doch er konnte nicht wie andere Pfarrer auf einen Fundus an Erfahrungen zurückgreifen, vielmehr musste er sich in alles neu einarbeiten, speziell in den Religionsunterricht. Hatte er sich einmal eingelebt, war ständig etwas los. 2004 verbot der damalige Abt Martin Werlen kurzfristig Abendmahlsfeiern für gemischtkonfessionelle Paare. Ein Entscheid, der Urs Jäger schmerzte. 2007 wurde das Kirchgemeindehaus gebaut, 2013 kam der Umbau des Pfarrhauses, 2018 bis 2020 wurde die Kirche saniert. Während dieser Zeit machte er das Doktorat in Basel. Und dann natürlich Corona. «In dieser Zeit hat Urs Jäger Unglaubliches geleistet», sagt Yvonne Birchler, Präsidentin KGR. Urs Jäger konnte all sein Wissen nutzen, das er sich als TV- und Radiopfarrer angeeignet hatte. «Das Resultat war fantastisch», so Yvonne Birchler, «er richtete einen erfolgreichen Whatsapp- Chat ein, in dem sich viele Gemeindemitglieder näherkamen, hielt Gottesdienste via Whatsapp und stellte auf Youtube Gottesdienste mit Filmen, Musik und Text.»

Urs Jägers Fazit nach 20 Jahren? «Es war immer spannend. In all den Jahren kam nie ein Gefühl der Routine auf. Natürlich gab es immer wieder herausfordernde Situationen.» Die einzig bittere Pille, die er ortet: «Wenn man 20 Jahre im Pfarramt tätig ist, arbeitet man mit vielen Menschen, die im Pensionsalter stehen. Häufig sterben gerade jene Personen, die einem am meisten ans Herz gewachsen sind. Immer wieder muss ich Abschied nehmen. Das tut weh. Hätte ich nach zehn Jahren meine Stelle gewechselt, wären die Abschiede nicht so endgültig.» Nun ist Urs Jäger 59. Bis 65 will er auf jeden Fall noch im Amt bleiben. Und danach will er Platz machen für einen Jüngeren.

Carmen Schirm

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