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Kunst

Auferstehung: Aus einer Leerstelle in der Bibel entstand eine Fülle an Bildern

von Isabelle Berger/reformiert.info
min
20.04.2025
Die Auferstehung Christi ist das Kernstück des christlichen Glauben, aber in der Bibel nicht genau beschrieben. Die Kunst fand darauf jedoch reichlich bildliche Antworten.

Den auferstandenen Christus erkennt man auf Kunstwerken in Kirchen und Museen meist schnell und beinahe intuitiv: Da ist ein Grab zu sehen und eine strahlende Christusfigur, vielleicht mit einer Siegesfahne, vielleicht fliegt sie gen Himmel, am Boden liegen die erschrockenen Wächter. So selbstverständlich diese Bilder für uns heute wirken – sie haben eine Entstehungsgeschichte. Unsere bildliche Vorstellung der Auferstehung hat vor allem die Kunst des Mittelalters und der frühen Neuzeit geprägt.

Der konkrete Vorgang der Auferstehung wird in der Bibel gar nicht beschrieben: Christus ist einfach nicht mehr da. Das sagt ein Engel den drei Marien, die zum Grab kommen, um den Leichnam zu salben. Wie der Auferstandene aussah und wie seine Auferstehung von den Toten vonstatten ging, beschreibt der Engel nicht. Die Auferstehung bleibt ein Geheimnis.

Zunächst nur symbolische Verweise

In der frühchristlichen Kunst finden sich denn auch keine Darstellungen der Auferstehung selbst. Es wird lediglich symbolisch darauf verwiesen. Zum Beispiel mit dem Kreuz mit Christusmonogramm. Dieses besteht aus den übereinandergeschriebenen griechischen Buchstaben X (Chi) und P (Rho), als erste zwei Buchstaben des Wortes Christós. Das Ganze ist umgeben von einem Loorberkranz, als Zeichen des Sieges über den Tod.

Oder es werden die Frauen am Grab gezeigt, wie auf der sogenannten «Reiderschen Tafel», einem in Italien geschnitzten Elfenbeinrelief aus der Zeit um 400 nach Christus. Der Engel ist dort flügellos dargestellt und sitzt in antikem Gewand auf einem Felsblock vor dem verschlossenen Grab. Dieses hat die Form eines römischen Mausoleums. Der Engel spricht die drei Marien an. Darauf verweist der Segensgestus, den er mit seiner Hand macht: Daumen, Zeige- und Mittelfinger sind als Zeichen der Dreifaltigkeit ausgestreckt. Der auferstandene Christus ist auf der Tafel zwar auch dargestellt, aber in einer zweiten Szene im Hintergrund, bereits beim Aufstieg in den Himmel. 

 

Frauen am Grabe Christi und Himmelfahrt des Herrn, sog. «Reidersche Tafel», geschnitztes Elfenbein, Mailand oder Rom, um 400 n. Chr., Bayerisches Nationalmuseum München. | Bild: Wikimedia

Frauen am Grabe Christi und Himmelfahrt des Herrn, sog. «Reidersche Tafel», geschnitztes Elfenbein, Mailand oder Rom, um 400 n. Chr., Bayerisches Nationalmuseum München. | Bild: Wikimedia

 

Die Szene der Frauen am Grab wird in den folgenden Jahrhunderten oft mit den sich entwickelnden Darstellungen der Auferstehung kombiniert. Erste solche tauchen in der westeuropäischen Kunst im neunten Jahrhundert auf. Die Szene wird in Buchmalereien in Psalterhandschriften aufgenommen, also in Büchern, die die Psalmen enthalten, und zwar als Illustration zu Stellen, die als Weissagungen König Davids zur Auferstehung gelten. Die Szene wird häufig als Vision Davids dargestellt, also mit David im Bild. Christus wird hier neben dem Grab stehend gezeigt, aus einem Grabbau schreitend oder innerhalb eines solchen im Sarkophag liegend. Dieser steinerne Sarg hat im Mittelalter das antike Mausoleum in den Darstellungen abgelöst.

Verschiedene Darstellungsformen entstehen

Seit der Mitte des 12. Jahrhunderts tauchen Auferstehungsdarstellungen auch in der Malerei und Skulptur auf und entwickeln sich weiter. In den folgenden Jahrhunderten wir die Auferstehung in verschiedener Weise wiedergegeben: Christus schwebt über dem Sarkophag oder steigt aus diesem, er wird gezeigt, wie er den Sargdeckel aufstösst oder im geöffneten Sarkophag steht.

Er kann auch auf dem Sarkophag thronend, stehend oder sitzend dargestellt sein. Der Sarkophag ist offen, halboffen oder geschlossen. Diese unterschiedlichen Nuancen betonen jeweils verschiedene Aussagen. Der über dem Sarg schwebende Christus beispielsweise steht für das Wunder der Erhöhung, also die Vergöttlichung Christi, die mit der auf die Auferstehung folgenden Himmelfahrt vollzogen wird. Der aus dem Sarkophag steigende Christus hingegen verweist auf die kraftvolle Überwindung des Todes und die leibliche Auferstehung Christi.

Rückseite des Verduner Altars im Stift Klosterneuburg bei Wien von 1330/31: Auf dem rechten Flügel ist die Auferstehung dargestellt. Der Sarkophag ist offen. Ein Engel zeigt den Marien das leere Leichentuch, Christus steht neben dem Grab im roten Mantel mit Heiligenschein und Kreuzstab mit Siegesfahne. | Bild: Wikimedia

Rückseite des Verduner Altars im Stift Klosterneuburg bei Wien von 1330/31: Auf dem rechten Flügel ist die Auferstehung dargestellt. Der Sarkophag ist offen. Ein Engel zeigt den Marien das leere Leichentuch, Christus steht neben dem Grab im roten Mantel mit Heiligenschein und Kreuzstab mit Siegesfahne. | Bild: Wikimedia

Fresko von Andrea di Bonaiuto in der Spanischen Kapelle in der Basilika Santa Maria Novella in Florenz, 1365-1367. Der weissgewandete Christus mit Siegesfahne schwebt von einem Strahlenkranz umgeben über dem offenen Sarkophag, neben dem zwei Engel sitzen. Unterhalb liegen die schlafenden Wächter, daneben stehen die drei Marien mit einem Salbgefäss. | Bild: Wikimedia

Fresko von Andrea di Bonaiuto in der Spanischen Kapelle in der Basilika Santa Maria Novella in Florenz, 1365-1367. Der weissgewandete Christus mit Siegesfahne schwebt von einem Strahlenkranz umgeben über dem offenen Sarkophag, neben dem zwei Engel sitzen. Unterhalb liegen die schlafenden Wächter, daneben stehen die drei Marien mit einem Salbgefäss. | Bild: Wikimedia

Christus werden auch Gegenstände beigegeben: Der Kreuzstab oder die Siegesfahne – oft in Kombination – mit rotem Kreuz auf weissem Grund als Zeichen des Triumphs über den Tod und ein rotes oder weisses Gewand. Weiss ist die Farbe des Lichtes, der Erscheinung des Göttlichen, und steht daher für die göttliche Natur Christi, die vollkommene Reinheit und ewige Herrlichkeit. Das Rot verweist auf die Menschwerdung und das Opfer Christi. Auch das weisse Leichentuch wird dargestellt.

Oft sieht man auch deutlich die Wundmale, Christus blickt und zeigt nach oben, macht den Segensgestus und trägt einen Heiligenschein. Statt eines Sarkophags kann auch ein Felsengrab oder ein Grabbau zu sehen sein. Anbetende Engel und schlafende oder erschrockene Wächter können das Geschehen umgeben und das Wunder der Auferstehung verdeutlichen.

Darstellung der Auferstehung Christi auf der Vorderseite des Wittingauer Altars, entstanden um 1380 in Tschechien. Der von Wundmalen gezeichnete Christus steht auf dem geschlossenen Sarkophag. Er trägt ein rotes Gewand, Heiligenschein, Kreuzstab und Siegesfahne und macht den Segensgestus. | Bild: Wikimedia

Darstellung der Auferstehung Christi auf der Vorderseite des Wittingauer Altars, entstanden um 1380 in Tschechien. Der von Wundmalen gezeichnete Christus steht auf dem geschlossenen Sarkophag. Er trägt ein rotes Gewand, Heiligenschein, Kreuzstab und Siegesfahne und macht den Segensgestus. | Bild: Wikimedia

Fresko mit der Aufersteehung Christi von Piero della Francescas von 1463 aus dem Museo Civico di Sansepolcro in Italien. Christus mit Siegesfahene, Heiligenschein, rotem Mantel und Wundmalen steigt aus dem Sarkophag. Davor schlafen die Wächter. | Bild: Wikimedia

Fresko mit der Aufersteehung Christi von Piero della Francescas von 1463 aus dem Museo Civico di Sansepolcro in Italien. Christus mit Siegesfahene, Heiligenschein, rotem Mantel und Wundmalen steigt aus dem Sarkophag. Davor schlafen die Wächter. | Bild: Wikimedia

Welche Herausforderung es ist, das Wundersame der Auferstehung darzustellen, belegen besonders eigenartige Darstellungen. In diesen schwebt  Christus durch den steinernen Baldachin über dem Grab hindurch nach oben oder scheint aus dem geschlossenen Deckel des Sarkophags herauszuwachsen.

Der entschwebende Christus prägt die Kunst der frühen Neuzeit

Die Darstellungsform des dem Grab entschwebenden Christus wurde in der Kunst der Renaissance und des Barocks vor allem in Italien prägend. In den Auferstehungsgemälden von Giovanni Bellini und Raffael schwebt Christus über dem Grab, wobei er als in der Luft stehende Figur dargestellt ist. Hinter im erstreckt sich eine weite Landschaft.

Die Auferstehung Christi von Giovanni Bellini für den Altar der Zorzi-Kappelle in S. Michele di Isola, Italien, 1474-1479. Christus schwebt in ein weisses Leichentuch gehüllt und mit Siegesfahne und Segensgestus und nach oben blickend über dem offenen Felsengrab. In diesem ist ein geschlossener Sarkophag zu sehen, davor die erschrockenen Wächter, im Hintergrund die drei Marien. | Bild: Wikimedia

Die Auferstehung Christi von Giovanni Bellini für den Altar der Zorzi-Kappelle in S. Michele di Isola, Italien, 1474-1479. Christus schwebt in ein weisses Leichentuch gehüllt und mit Siegesfahne und Segensgestus und nach oben blickend über dem offenen Felsengrab. In diesem ist ein geschlossener Sarkophag zu sehen, davor die erschrockenen Wächter, im Hintergrund die drei Marien. | Bild: Wikimedia

Auferstehung Christi von Raffael, zwischen 1499 und 1502 vermutlich für einen Altar geschaffen, heute im Museu de Arte de São Paulo, Brasilien. Der rotgewandete, von Wundmalen gekennzeichnete und von fliegenden Engeln flankierte Christus mit Siegesfahne, Heiligenschein und Segensgestus schwebt über dem offenern Sarkophag. Um diesen sind erschrockene Wächter gruppiert, im Hintergrund nähern sich die Marien. | Bild: Wikimedia

Auferstehung Christi von Raffael, zwischen 1499 und 1502 vermutlich für einen Altar geschaffen, heute im Museu de Arte de São Paulo, Brasilien. Der rotgewandete, von Wundmalen gekennzeichnete und von fliegenden Engeln flankierte Christus mit Siegesfahne, Heiligenschein und Segensgestus schwebt über dem offenern Sarkophag. Um diesen sind erschrockene Wächter gruppiert, im Hintergrund nähern sich die Marien. | Bild: Wikimedia

An Bedeutung gewinnt in dieser Zeit auch die Darstellung Christi als Lichterscheinung, die dem Bedürfnis der Zeit nach dramatischer Bewegung und Überraschungseffekten entgegenkommt. Besonders bekannt ist die Darstellung auf dem Isenheimer Altar von Matthias Grünewald in Colmar. Er zeigt Christus als kosmische Erscheinung in einer Sonnenglorie, also als das Licht der Welt. 

Auf einem Bild Rembrandts erscheint ein riesiger Engel in einer Lichtwolke, der den Sargdeckel aufreisst, so, dass die erschrockenen Wächter vom Sarkophag fortgeworfen werden. Daraus erhebt sich Christus in seinen Leichentüchern. 

Auferstehungsdarstellung auf dem Isenheimer Altar von Matthias Grünewald von 1512, heute im Museum Unterlinden in Colmar, Elsass. Christus im roten Gewand entschwebt dem Grab, das weisse Leichentuch mit sich ziehend und die leuchtenden Wundmale zeigend. Sein Heiligenschein ist sonnenartig vergrössert. Um den geöffneten Sarg liegen die im Schlaf überrumpelten Soldaten. | Bild: Wikimedia

Auferstehungsdarstellung auf dem Isenheimer Altar von Matthias Grünewald von 1512, heute im Museum Unterlinden in Colmar, Elsass. Christus im roten Gewand entschwebt dem Grab, das weisse Leichentuch mit sich ziehend und die leuchtenden Wundmale zeigend. Sein Heiligenschein ist sonnenartig vergrössert. Um den geöffneten Sarg liegen die im Schlaf überrumpelten Soldaten. | Bild: Wikimedia

Die Auferstehung Christi von Rembrandt (1635/39 entstanden in den Niederlanden, heute in der Bayerischen Staatsgemäldesammlung in München) zeigt eine aussergerwöhnliche Darstellung: Christus gleicht Lazarus, der zuvor von ersterem selbst wieder zum Leben erweckt wurde. Die Lazarusgeschichte taucht in Werken früherer Jahrhunderte manchmal als Nebenszene auf. | Bild: sammlung.pinakothek.de

Die Auferstehung Christi von Rembrandt (1635/39 entstanden in den Niederlanden, heute in der Bayerischen Staatsgemäldesammlung in München) zeigt eine aussergerwöhnliche Darstellung: Christus gleicht Lazarus, der zuvor von ersterem selbst wieder zum Leben erweckt wurde. Die Lazarusgeschichte taucht in Werken früherer Jahrhunderte manchmal als Nebenszene auf. | Bild: sammlung.pinakothek.de

Die Reformation bringt ihre eigene Art der Darstellung hervor

Die Kunst der Reformation führt ein neues, lehrhaftes Bildmotiv ein: Christus tritt Tod und Teufel – gemeint ist der Papst – nieder und durchbohrt sie mit einem Kreuzstab. Geprägt hat dieses Motiv Lukas Cranach der Ältere, ein enger Freund des Reformators Martin Luther und unter anderem Besitzer der Druckerei, in der Luther seine Thesen und Bibelübersetzungen drucken liess.

 

Die Allegorie von Gesetz und Gnade ist ein zweiteiliges Gemälde von Lukas Cranach dem Älteren (entstanden nach 1529, heute im Germanischen Nationalmuseum), dessen rechte Tafel unter anderem die Auferstehung zeigt. Christus im roten Gewand mit Strahlenkranz und ohne Wundmale tritt auf den Tod – ein Skelett – und den Teufel – ein drachenartiges Wesen –, dem er zudem seinen Kreuzstab in den Rachen stösst. Dahinter sind ein offener Sarg in einem geöffneten Felsengrab zu sehen. | Bild: Wikimedia

Die Allegorie von Gesetz und Gnade ist ein zweiteiliges Gemälde von Lukas Cranach dem Älteren (entstanden nach 1529, heute im Germanischen Nationalmuseum), dessen rechte Tafel unter anderem die Auferstehung zeigt. Christus im roten Gewand mit Strahlenkranz und ohne Wundmale tritt auf den Tod – ein Skelett – und den Teufel – ein drachenartiges Wesen –, dem er zudem seinen Kreuzstab in den Rachen stösst. Dahinter sind ein offener Sarg in einem geöffneten Felsengrab zu sehen. | Bild: Wikimedia

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