Das «Mitenand-Fest» ist vorbei, das «Mitenand-Gefühl» bleibt
Man kann den Geruch von Gewürzen, gebratenem Reis, Grillfleisch und frischem Gebäck bereits von der anderen Seite des Jakobshofs vernehmen. Nur aufpassen muss man, dass man auf dem Weg zum Festmahl nicht auf der Bobbycar-Rennstrecke von einem kleinen Raser überfahren wird. Die Jakobskirche ist an ihrem 500. Geburtstag nämlich zum Kreisel eines Bobbycar-Wettrennens geworden.
Ein doppelter Geburtstag
Als die Jakobskirche 1525 gebaut wird, ist sie noch ein katholisches Gotteshaus. Nur vier Jahre später jedoch weht die Reformation über das Land, und die Kirche und ihre Gemeinde werden protestantisch. Unter ihrem Dach möchte die Jakobskirche heute allen Menschen einen geschützten Raum bieten, unabhängig von ihrer Konfession oder ihrer Religion.
Passend heisst das Geburtstagsfest darum auch «Mitenand-Fest». Eingeladen waren nicht nur Kirchenmitglieder, sondern alle Menschen. Schliesslich gab es an dem Wochenende noch einen anderen Grund zum Feiern: Die Einwohnergemeinde Sissach wird
800 Jahre alt!
Food-Trucks aus der kirchlichen Flüchtlingsarbeit
Der Geruch nach Essen führt über den schattigen Kirchhof zum Flohmarkt auf der Strasse dahinter. Schmuck, Kleider, Bücher, ein erdbeerförmiger Blumentopf. Hier gibt es alles, was man nicht braucht, aber das Herz begehrt. Je näher man dem Geruch von Essen kommt, desto lauter wird auch das fröhliche Stimmengewirr.
An langen Tischen sitzen Jung und Alt zusammen, essen syrischen Reis, tamilische Grillspiesse und ukrainische Teigtaschen. Das Essen stammt aus der Küche des zweijährlich stattfindenden Kulima, eines Food-Truck-Festivals, das aus der kirchlichen Flüchtlingsarbeit hervorgegangen ist.
Am Sonntagmorgen folgte ein Dekanatsgottesdienst, der zum ersten Mal von den reformierten Kirchgemeinden des Dekanats Farnsburg-Homburg gemeinsam in Sissach gefeiert wurde. Ein Höhepunkt war nicht nur die Möglichkeit zur Besteigung des Kirchturms, sondern vor allem auch die Hausbesichtigung des «P1».
Aus dem alten Pfarrhaus wird ein öffentlicher Raum
«P1», so heisst das alte Pfarrhaus an der Pfarrgasse 1. Es wurde umgebaut und wird in Zukunft ein öffentlicher Raum sein. Ein Kindergarten ist bereits eingemietet, ausserdem sollen die Pfarrpersonen in dem Haus ihre Büros haben. Auch mit dem Pfarrgarten steht noch Grosses an: Daraus soll ein Garten für alle werden – zum Mittagessen, Flanieren oder Arbeiten.
Wer an diesem Wochenende die Jakobskirche gesehen hat, wie sie über den Kindern ragte, die in ihrem Schatten mit grossen Bausteinen spielten, über den Menschen, die gemeinsam an langen Tischen assen, über den Marktständen, der Musik, dem Lachen – der nahm an diesem Wochenende wirklich ein Gefühl von «Mitenand» mit nach Hause.
Das «Mitenand-Fest» ist vorbei, das «Mitenand-Gefühl» bleibt