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«Zuger für Zuger»

Gelebte Solidarität im reichen Kanton

von Carole Bolliger
min
27.11.2025
Im Kanton Zug, wo Wohlstand zum Alltag gehört, leben Menschen, die kaum über die Runden kommen. Für sie ist die Aktion «Zuger für Zuger» ein kleiner, aber wichtiger Lichtblick. 

Seit 2008 sammeln Freiwillige in der Adventszeit haltbare Lebensmittel, Hygieneartikel und Putzmittel, die im Januar an armutsbetroffene Menschen im ganzen Kanton verteilt werden. «Gerade nach den Festtagen, wenn das Geld besonders knapp ist, ist diese Unterstützung enorm wichtig», sagt Simone Bulach von der Reformierten Kirche Zug, die das ökumenische Projekt mitorganisiert.

Die Idee ist einfach: In reformierten und katholischen Kirchgemeinden liegen vom 30. November bis zum 8. Januar Jutebeutel auf, die Gemeindemitglieder mit Spenden füllen und zurückbringen können. Diese werden gesammelt, sortiert und in neue Taschen gepackt. Die Verteilung übernimmt die Gemeinnützige Gesellschaft Zug, die im Januar Pakete von rund sieben bis acht Kilogramm an Einzelpersonen und Familien ausgibt. Bezugsberechtigt sind Menschen mit Einkaufsausweis des «Tischlein deck dich» oder des Caritas-Ladens.

Würde und Dankbarkeit

Gesammelt werden lang haltbare Produkte wie Mehl, Zucker, Salz, Gewürze, Öl, Essig, Teigwaren, Schokolade, Kaffee, Tee, Wasch- und Putzmittel oder Körperpflegeprodukte – Artikel, die für viele, aber nicht für alle selbstverständlich sind. Nicht angenommen werden Frischprodukte, Kleidung, Spielsachen, alkoholische Getränke und Zigaretten.

Das ökumenische Engagement verbindet: In den Kirchgemeinden helfen Sigristinnen, Kirchenmitarbeitende und Freiwillige mit. Jugendliche backen Guetzli, verkaufen sie zugunsten der Aktion und erfahren dabei, dass Teilen Freude macht. «Es ist berührend, zu sehen, wie ein Kind eine Tasche öffnet und sich über eine Tafel Schokolade freut», erzählt Bulach. «Für viele ist das ein Moment von Würde und Dankbarkeit.»

Die Aktion zeigt: Armut gibt es auch in Zug. Menschen, die krank werden, ihre Arbeit verlieren oder alleinstehend sind, geraten rasch in Not. «Es ist absurd: Wir leben im reichen Kanton Zug. Und doch gibt es Menschen, die sich Grundnahrungsmittel nicht leisten können», sagt Bulach nachdenklich. Dass die reformierte Kirche hier anpacke, sei selbstverständlich. «Wir können das System nicht ändern, aber wir können konkret helfen.»

Nothilfe, aber auch eine Gemeinschaft

Organisatorisch ist «Zuger für Zuger» gut eingespielt. Die reformierte und die katholische Kirche arbeiten Hand in Hand, die Logistik läuft auch über Freiwillige, die Lebensmittel lagern, sortieren und verteilen. Schwierigkeiten gibt es kaum: «Alle sind mit Herzblut dabei», so Bulach. Nur die Suche nach Fahrern oder Helfenden für Transporte sei manchmal eine Herausforderung – doch bisher habe sich immer jemand gefunden.

Trotz des Erfolgs sieht Bulach das Projekt nicht als Selbstzweck. «Natürlich ist das eine Form von Nothilfe, aber sie stiftet auch Gemeinschaft. Wir können nicht alle Probleme lösen, aber wir können dort unterstützen, wo Hilfe direkt ankommt. Und es zeigt, dass Menschen füreinander da sind.» Das Projekt schärft das Bewusstsein, dass Solidarität mehr ist als Geld spenden. «Es geht um Zeit, um Anteilnahme, um die Bereitschaft hinzuschauen.» Für Bulach ist «Zuger für Zuger» ein Symbol dafür, was Kirche heute leisten kann: Nähe schaffen, wo Distanz droht. «Jede Tasche, die gepackt wird, ist ein Zeichen gegen Gleichgültigkeit.»

Details zu den Abgabestellen und -zeiten in den Schaukästen der Kirchen sowie auf www.ref-zug.ch

 

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