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Podcast von Franziska von Grünigen

«My Last Goodbye»: Zwölf Fragen an den Tod

von Marius Schären/reformiert.info
min
25.04.2023
Mit dem Reden über den eigenen Tod hat Franziska von Grünigen einen Preis gewonnen. Ihr Podcast «My Last Goodbye» berührt mit persönlichen Geschichten.

Auf ihren Fotoporträts spricht Lebenslust aus dem Gesicht von Franziska von Grünigen. Aber in ihrem preisgekrönten Podcast beschäftigt sich die 44-jährige ehemalige Radiojournalistin mit dem Tod, in ihrer sonstigen Arbeit in erster Linie mit dem Vergangenen von Menschen.

«Für mich gibt es nichts Spannenderes, als als in fremde Menschenleben, fremde Lebensentwürfe, fremde Bewältigungsstrategien und fremde Leidenschaften zu blicken», sagt sie. Denn: «Eine Begegnung mit einem Gegenüber ist immer auch eine Begegnung mit mir selbst.»

 

Welche Musik soll an meinen Grab ertönen?

Dass sie sich selbst mit dem Tod beschäftigt, ist zwar für den Podcast «My Last Goodbye» nicht korrekt. Vielmehr lässt sie es die Erzählenden tun: Zwölf Fragen lassen Interessierte nachdenken über den eigenen Tod und was sie sich dabei wünschen, unter anderem welche Art der Bestattung und wie die perfekte Feier aussähe, was sie noch tun möchten vorher, was für ein Gegenstand mit sollte und welche Musik passen würde.

All diese Fragen sollen möglichst aus dem Bauch heraus gesprochen beantwortet werden, auf WhatsApp oder einfach als Audio-Aufnahme. Franziska von Grünigen bereitet die Aufnahmen auf und publiziert sie in ihrem Podcast.

 

Auftakt mit Stefan Gubser

Am 5. Oktober 2022 ist die erste Episode mit dem Schauspieler Stefan Gubser erschienen. Seither hat von Grünigen insgesamt 35 Folgen veröffentlicht, bei zwölf davon hätten sich die Erzählenden von sich aus gemeldet. «Und unterdessen habe ich rund hundert Rückmeldungen erhalten. Die meisten davon von Menschen, die ich nicht kenne.»

 

«Aus meiner Erfahrung verliert der Tod an Schrecken, je mehr man sich damit befasst.»

 

Von ganz jung bis ganz alt sind die Menschen, die sich über den eigenen Tod und das eigene Begräbnis redend Gedanken machen. Zwischen wenigen Minuten und fast einer Dreiviertelstunde (zwei Frauen) erzählen sie, denken laut, zögern, sprudeln. Dabei wird spürbar, was von Grünigen als Fazit zieht: «Aus meiner Erfahrung verliert der Tod an Schrecken, je mehr man sich damit befasst.»

 

Arbeit als Palliativ-Audiobiografin

Für die Journalistin war der Tod schon vor der Lancierung des Podcasts ein präsentes Thema in ihrer Arbeit. Schon länger produziert von Grünigen als Palliativ-Audiobiografin Werke für die Websites mein-nachklang.ch und hoerschatz.ch. Doch auf die konkrete Idee für den Podcast sei sie nach dem Tod ihres Vaters durch ein persönliches Ereignis gekommen. «Er hatte sich nie zu seinen Vorstellungen geäussert und wir mussten alles nach unserem Gutdünken planen.»

Auf dem Heimweg von seiner Beerdigung habe ihre Mutter ihr erzählt, welchen Abschied sie sich mal für sich wünsche. «Ich empfand dieses Gespräch als enorm befreiend und entlastend. Seither sind diesbezüglich keine Fragen mehr offen», sagt die 44-Jährige. Daraus sei die Idee entstanden, Menschen einzuladen, sich anhand von zwölf konkreten Fragen Gedanken über ihren eigenen Tod und ihre Beerdigung zu machen. «Den Podcast verstehe ich als spielerische Einladung, sich mit der eigenen Vergänglichkeit auseinanderzusetzen.»

 

 

 

Die Jounalistin und der Preis

Biografische Erzählungen sind seit jeher die Leidenschaft von Franziska von Grünigen (44). Während sechs Jahren führte sie am Radio biografische Gespräche mit Menschen im «Focus» auf SRF 3. Für ein Museum unterhielt sie sich mit Menschen aus Winterthur über ihre Kindheitsträume, Berufsentscheidungen und Stolpersteine für eine digitales Archiv der Lebensläufe. Während zwölf Jahren war sie beim SRF-Telefontalk «Nachtwach» am Produzentinnenpult. Und heute vereint sie als Audiobiografin, was ihr wichtig ist im Umgang mit Menschen und ihren Geschichten.

Nun gewann sie an der ersten Verleihung der Suisse Podcast-Awards vom 15. März mit «My Last Goodbye» in der Kategorie Gesellschaft.

 

 

Spezielles Mitmach-Format

Dass sie nun gleich einen Preis gewonnen hat, freut sie «riesig». Schon nur, dass ihre Ein-Frau-Produktion überhaupt nominiert wurde. Ausserdem sei ihr Podcast eher ein Exot gewesen unter der Konkurrenz: Bei den meisten anderen handelte es sich um Gesprächs-Podcasts. «Vermutlich hat das spezielle Format des interaktiven Mitmach-Podcasts auch noch seinen Teil zu Sieg beigetragen», mein von Grünigen.

Den Erfolg erklärt sie sich zudem damit, dass der Tod alle betrifft. «Und all die Fragen, die im Podcast gestellt werden, betreffen uns. Wenn nicht auf den eigenen Tod bezogen, dann spätestens, wenn wir uns als Kinder nach dem Tod unserer Eltern um deren Beerdigung kümmern müssen.» So würden die Antworten im Podcast allen Teilnehmenden auch selbst etwas bringen: die eigenen Vorstellungen spiegeln und hinterfragen und im besten Fall Sicherheit in der eigenen Haltung oder neue Inspiration gewinnen.

 

Sehr berührende» Arbeit

Die Produktion der Episoden empfindet sie selbst nicht als herausfordernd – sondern eher wie ein Geschenk: «Es ist eine riesige Freude für mich und immer wieder sehr berührend, wenn eine neue Antwort auf meinem Smartphone landet und ich in die Gedanken eines Menschen eintauchen darf.» Derzeit beschäftige sie aber noch die Finanzierung des Formats, das bisher ein reines Freizeitprojekt ist. «Mein Ziel ist es, für den Podcast Sponsorinnen oder Sponsoren zu finden», sagt von Grünigen. 

Ganz persönlich stelle sie selbst lieber Fragen als von sich zu erzählen. Aber wenn sie merke, dass ihr Gegenüber wirklich etwas über sie erfahren wolle und interessierte Fragen stelle, erzähle sie gerne. «Wichtig ist mir dabei, dass ich mich bei dieser Person sicher und von ihr verstanden und wertgeschätzt fühle», hält die Audiobiografin fest.

 

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