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Zusammenschluss

Nicht weniger, sondern mehr Kirche für alle

von Adriana Di Cesare
min
25.09.2025
Seit Sommer 2024 moderiert Lars Funk den Weg der vier reformierten Verbandskirchgemeinden der Stadt Schaffhausen hin zu einer einzigen Gemeinde. Er sieht darin eine Chance, Kräfte zu bündeln und Menschen neu für Kirche zu begeistern.

Zusammenschluss  Lars Funk spricht begeistert über seine Arbeit. Seit Sommer 2024 begleitet er den Prozess zu einem möglichen Zusammenschluss der vier reformierten Verbandskirchgemeinden der Stadt Schaffhausen zu einer einzigen Gemeinde. Als Projekt­leiter und Moderator bringt er Erfahrung aus vielen Jahren Organi­sa­tionsentwicklung mit. Seine Aufgabe: einen Prozess begleiten, der tief in das kirchliche Leben eingreift – und daraus gemeinsame Zukunft möglich machen.

Geboren ist Lars Funk in Haan bei Düsseldorf. Dort studierte er Maschinenbau, geriet jedoch in die Krisenzeit der Automobilindustrie Anfang der 1990er-Jahre. «In der Wirtschaft gab es damals kaum Chancen auf eine Arbeitsstelle», erinnert er sich. So kam er zum «Verein Deutscher Ingenieure», eigentlich als Übergang gedacht. Doch die Verbandsarbeit fesselte ihn, über zwanzig Jahre blieb er dabei. Später wechselte er zur Beratungsfirma BVM, die Non-Profit-Organisationen begleitet. «Bis dahin hatte ich mit Kirche beruflich kaum zu tun. Aber mein Spektrum erweiterte sich – und irgendwann war klar: Hier kann ich etwas bewegen.»

Umzug in die Schweiz

Lars Funk wuchs katholisch auf. Sein Vater war evangelisch, die Mutter katholisch. «Es störte mich damals, dass mein Vater bei kirchlichen Feiern nicht dabei war. Deshalb habe ich, als ich eine Familie gründete, bewusst die Konfession gewechselt.» Heute lebt er mit seiner Frau und dem erwachsenen Sohn in der Schweiz.»

Der Umzug in die Schweiz hat für den 54-Jährigen vieles verändert. «In Bern habe ich gelernt, dass Langsamkeit ein Gewinn sein kann.» Entschleunigung und Gründlich­keit – das schätzt er ebenso am politischen System der Schweiz wie im Alltag: «Man spricht miteinander, nimmt sich Zeit, entscheidet so nachhaltiger.» Und die Berge sind für ihn ein Geschenk. «Früher war ich am Wochenende ein Langschläfer, heute nehme ich früh den Zug und komme am Abend nach einer Wanderung erfüllt zurück. Das ist wie Ferien.»

Ziel ist, dass Neues entsteht, ohne das Gute von heute zu verlieren.

Seine Rolle in Schaffhausen bezeichnet Funk als Moderator. Er selbst entwickelt keine Inhalte. Vielmehr sind es die Projektgruppen aus den vier Verbandsgemeinden, die nun erarbeiten, wie eine gemeinsame Kirchgemeinde künftig aussehen könnte: Welche Strukturen braucht sie? Welche Angebote sollen bleiben, welche neu entstehen? Wer erfüllt welche Aufgaben? Das Ergebnis dieser Arbeit wird am Ende den Stimmberechtigten vorgelegt. Sie entscheiden an der Urne, ob der Zusammenschluss Wirklichkeit wird.

Das grosse Ganze im Blick behalten

Für Funk liegt darin die besondere Herausforderung: alle Betroffenen ernst zu nehmen und einzubeziehen – und zugleich den roten Faden nicht zu verlieren. «Man darf nicht im Detail stecken bleiben, sondern muss das grosse Ganze im Blick behalten.» Sein Spagat besteht darin, den Prozess klar zu strukturieren, aber trotzdem Raum für Beteiligung und unterschiedliche Stimmen zu lassen. «Kirche ist für alle da, aber auch Kirche kann es nicht allen recht machen. Darin die Balance zu finden – das ist die wichtigste Aufgabe.» Der Moderator hört zu, fasst zusammen, ordnet Gedanken und stellt die entscheidende Frage: «Wie schaffen wir es gemeinsam?» Ihm sei wichtig, dass am Ende nicht das lauteste Argument gewinne, sondern dass Vielfalt sichtbar bleibe.

Im Schaffhauser Projekt sieht er grosse Chancen. «Der Zusammenschluss ist nicht Selbstzweck. Es geht darum, Kräfte zu bündeln, Bewährtes zu bewahren und gemeinsam Neues aufzubauen.» Schlanke Strukturen böten klare Vorteile. «Dadurch können Ressourcen freigesetzt werden, um Angebote zu schaffen, die einzelne Gemeinden allein nicht tragen könnten. Am Ende sollen die Menschen in Schaffhausen mehr von ihrer Kirche haben – vielfältiger, näher am Leben, offener für unterschiedliche Bedürfnisse.»

Beste Voraussetzungen

Dass Veränderungen auch Sorgen auslösen, weiss er. Viele fragen sich, ob vertraute Formen des kirchlichen Lebens verloren gehen. «Das nehmen wir ernst in den Arbeitsgruppen. Ziel ist, dass Neues entsteht, ohne das Gute von heute zu verlieren.» Dabei ist ihm wichtig, dass möglichst viele Gemeindemitglieder mitreden: «Die Resultate der Arbeitsgruppen werden in Resonanzforen vorgestellt. Jeder ist eingeladen, sich einzubringen. Denn letztlich geht es um die Frage: Was wollen die Menschen künftig von ihrer Kirche?»

Für Schaffhausen sieht er beste Voraussetzungen: «Die Stadt ist überschaubar, die Quartiere liegen nah beieinander. Vieles funktioniert schon heute über die Gemeindegrenzen hinaus, die Sozialdiakoninnen arbeiten zum Beispiel seit Jahren eng zusammen. Jetzt gilt es, das Ganze zusammenzuführen.» Bis 2026 soll das Konzept stehen, 2027 könnte die vereinigte Kirchgemeinde starten. Funk lächelt: «Zusammen sind wir stärker. Kirche soll nicht unscheinbarer, sondern lebendiger werden.»

 

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