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Reformideen in Schaffhausen

Von der Sondergenehmigung zur Laienpredigerin

von Carmen Schirm-Gasser
min
27.11.2025
Mit Petra Hofmann und zwei weiteren Frauen übernehmen drei neue Laienpredigerinnen im Kanton Schaffhausen offiziell Gottesdienste. Sie bringen neue Perspektiven, unterschiedliche Berufe und viel Lebenserfahrung mit.

Petra Hofmann liebt Gottesdienste – nicht nur, um Texte zu lesen, sondern um Menschen zu bewegen. «Es geht mir darum, Menschen zu ermutigen und ihnen meine Sicht auf einen Bibeltext nahezubringen», sagt die 59-Jährige. Die Religionspädagogin arbeitete viele Jahre in Deutschland in der Jugendarbeit, im Besuchsdienst und in der Familienarbeit. Als sie vor 14 Jahren in die Schweiz zog, wechselte sie zunächst die Branche. Doch der Wunsch, wieder aktiv in der Kirche mitzuwirken, liess sie nicht los.

Gottesdienste mit Sondergenehmigung

Die Gelegenheit bot sich in Stein am Rhein, als dort vorübergehend keine Pfarrperson verfügbar war. Hofmann sprang ein und hielt Gottesdienste – zunächst mit Sondergenehmigungen, spontan und aus der Situation heraus. «Da dachte ich: Vielleicht gibt es ja die Möglichkeit, das auf offiziellem Weg zu tun», erzählt sie. Weil sie bereits eine theologische Grundausbildung mitbrachte, entschloss sie sich, gemeinsam mit zwei weiteren Frauen die Ausbildung zur Laienpredigerin zu absolvieren.

Wenn jemand sagt, er habe sich gesehen gefühlt oder ein Gedanke habe besonders berührt – das bedeutet mir viel.

Die Ausbildung ist anspruchsvoll und praxisnah. Voraussetzung ist eine theologische Grundausbildung. Danach folgen Gottesdienstbesuche mit einer Mentorin, das Schreiben eigener Predigten, mehrere selbst gehaltene Gottesdienste, regelmässige Reflexionsgespräche sowie zwei Kolloquien. Anfang November wurden die Laienpredigerinnen vom Kirchenrat für ihren Dienst beauftragt. Sie bringen ganz unterschiedliche Lebens- und Berufserfahrungen mit: Petra Hofmann ist Religionspädagogin, Verena Marty ist Physiotherapeutin mit theologischen Vorkenntnissen, Judith Schaad ist Agrarökonomin und absolviert derzeit den Evangelischen Theologiekurs. «Jede bringt ihren eigenen Rucksack an Lebenserfahrung mit – das bereichert unsere Gottesdienste spürbar», sagt Andreas Heieck, Kirchenrat der Kantonalkirche Schaffhausen.

Ein ernsthafter Dienst

«Laienpredigendendienst ist nicht Hobby, vielmehr berufliche Aufgabe», betont Andreas Heieck. Laienpredigerinnen dürfen derzeit Predigtgottesdienste leiten. Taufen- und Abendmahl sind mit Ausnahmegenehmigung möglich, Trauungen und Beerdigungen hingegen nicht. Perspektivisch sollen aber auch diese Aufgaben Teil des Dienstes werden – dann mit entsprechender Zusatzausbildung in Kasualien und Seelsorge.

Wir wollen Kirche neu beleben, nicht einfach Lücken füllen.

Für Petra Hofmann ist der Predigtdienst eine Bereicherung und zugleich eine Aufgabe, auf die sie sich mit grosser Sorgfalt vorbereitet. «Ich gehe eine Woche mit dem Predigttext schwanger», erzählt sie. «Ich lese, reflektiere, lasse den Text wirken, schreibe, lege ihn weg und kehre später wieder zurück. So entsteht die Predigt.» Besonders freut sie sich über Rückmeldungen aus der Gemeinde: «Wenn jemand sagt, er habe sich gesehen gefühlt oder ein Gedanke habe besonders berührt – das bedeutet mir viel.»

In einer Predigt über die Geschichte von Bartimäus wagte sie einen ungewöhnlichen Ansatz. «Ich habe versucht, die biblische Geschichte mit einem modernen Film in Beziehung zu setzen – und es hat funktioniert. Mehrere Menschen sprachen mich darauf an. Das war ein schönes Feedback.»

Hofmann schätzt aber auch die stilleren Momente: das Singen alter und neuer Lieder, das gemeinsame Erleben im Gottesdienst, die Verbundenheit mit der Gemeinde. Ihr Glaube trägt sie – besonders in schwierigen Zeiten. «Ich musste Krisen durchstehen. Der Glaube war mir dabei eine grosse Hilfe», sagt sie. «Man kann nie tiefer fallen, als in die Hand Gottes.»

Teil einer Reformidee

Der Dienst der Laienpredigenden, die wie andernorts in Zukunft Prädikantinnen und Prädikanten genannt werden sollen, ist Teil einer grösseren Reformidee: multiprofessionelle Teams sollen die Kirche vielfältiger, offener und lebendiger machen. «Wir schaffen Räume, in denen unterschiedliche Berufserfahrungen und Lebensperspektiven zusammenkommen», erklärt Andreas Heieck. Die Idee ist jedoch keineswegs neu: «Schon bei Johannes Calvin gab es mehrere Dienste. Das Priestertum aller Gläubigen ist ein Kernpunkt des reformierten Glaubens.»
Für Petra Hofmann ist ihr Weg klar: «Ich möchte Gottesdienste halten, die Menschen berühren und ihnen Impulse mitgeben. Meine eigenen Erfahrungen einzubringen macht das Ganze lebendig. Die Beauftragung als Prädikantin ist für mich ein grosser Schritt – und ein Geschenk.»

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