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«Ein Bischof darf nicht spaltend wirken»

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01.01.2016
«Rücktritt ist in bestimmten Situationen die einzige Lösung» meint der Mariasteiner Abt Peter von Sury mit Blick auf die Situation im Bistum Chur. Welcher Konfession ein Bischof auch angehört, er muss einigend­ wirken, kraft seines Amtes, das die Kirche mit ihrem apostolischen Ursprung verbindet. Auch die Bischofswahl sollte nach Ansicht des Abtes gründlich reformiert werden.

«In einer so verfahrenen Situation muss ein Bischof sein Amt niederlegen.» Der dies sagt, ist Abt Peter von Sury vom Kloster Mariastein. Für ihn ist die Einheit der Kirche (die Bibel spricht von «Einmütigkeit») ein hohes Gut. «Ein Bischof, der spaltend wirkt, kann deshalb seine Aufgabe nicht mehr zum Wohl seiner Kirche wahrnehmen», ist Abt Peter überzeugt. Dabei geht es ihm nicht speziell um Bischof Vitus Huonder oder um eine Schuldzuweisung, sondern um die Fakten. «Bischöfin Margot Kässmann oder Bischof Hans-Jörg Vogel haben in einer, wenn man so sagen will, unmöglichen Situation zum Wohl der Kirche die Konsequenzen gezogen, wofür ihnen grosser Respekt gebührt», sagt Abt Peter, und: «In einer Demokratie reichen 50,1 Prozent, um jemand im Amt zu bestätigen. Für die Kirche kommt ein solches Resultat, auf welcher Ebene auch immer, einer Spaltung gleich. Wenn ein Bischof spaltend statt einend wirkt, muss er sein Amt abgeben.»
Für den Benediktinerabt rühren diese Probleme auch von schwerwiegenden Strukturmängeln. «In einem geschlossenen System, wie es heute die Bischofsernennung durch den Papst darstellt, können die Kräfte der Erneuerung kaum mehr zum Zug kommen.» Rom sollte nicht unmittelbar in die Wahl eines Bischofs eingreifen. «Dieser sollte, wie im ersten Jahrtausend üblich, durch das Kirchenvolk, den Klerus und die Bischöfe der umliegenden Diözesen gewählt werden», findet der Abt.
Um Fehlentwicklungen zu unterbinden, könnte er sich eine Visitation vorstellen, wie sie in Benediktinerklöstern im 17. Jahrhundert eingeführt wurde. Wird festgestellt, dass die Amtsführung eines Abtes für das Kloster unwirksam oder schädlich ist, dann wird ihm der Rücktritt nahegelegt. In den Bistümern könnten der Priesterrat oder die Bischofskonferenz diese Aufgabe übernehmen, stellt sich der Benediktinerabt vor. Er erinnert daran, dass das Kirchenrecht auch für die Bischöfe diesbezüglich eine allgemeine Norm kennt.

Aus Sorge an die Öffentlichkeit getreten
Wenn Abt Peter sich in die öffentliche Diskussion einmischt, dann tut er dies, «weil die Zustände im Bistum Chur dramatisch sind», wie er aus zahlreichen persönlichen Kontakten erfahren musste. Damit bezieht nach Abt Martin Werlen aus Einsiedeln bereits ein zweiter Klostervorsteher Stellung zu schwelenden Problemen in der römisch-katholischen Kirche.

Diskussion anregen
Abt Peter möchte mit seinem Beitrag zu einer offenen Diskussion anregen. «Es ist immer schlecht, wenn abgeblockt wird, bevor ein Diskurs stattgefunden hat. Das gilt auch für Gottfried Lochers Vorschlag, in der evangelisch-reformierten Kirche über das Bischofsamt nachzudenken. Das Thema sollte auch wegen seiner ökumenischen Tragweite ausdiskutiert werden.»
Mit seiner Stellungnahme in der Öffentlichkeit möchte der Abt da­ran erinnern, dass das Kirchenvolk nebst Loyalität zu üben auch das Recht, ja sogar die Pflicht hat, seine Sorgen und Meinungen den Kirchen­oberen zu äussern. Dabei zitiert Abt Peter die Rütli-Rede des Literaturpreisträgers Peter von Matt aus dem Jahr 2009: «Der Gehorsam im Staat hat seine Grenzen. Untertanengeist darf nie überhandnehmen. Und keine Situation ist so schlimm, dass man nicht doch noch etwas unternehmen kann. Dies aber geschieht immer auf doppelte Weise: durch Einzelne und gemeinsam. Ohne den Eigensinn des Einzelnen wird die Gemeinschaft zur Herde. Ohne das Zusammenspannen mit den andern wird der Einzelne zum Eigenbrötler ». Das gilt übertragen auch für die Kirche, hält Abt Peter fest.

Franz Osswald

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