Ein Stand mit Herz: Der Bibelstand auf der Herbstmesse
Es regnet an der Herbstmesse. Eigentlich wird das Wetter der Jahreszeit nur gerecht: Der Wind spielt mit den bunten Blättern, lässt sie in den schmalen Gassen zwischen den Ständen aufwirbeln, während Regentropfen leise auf die Dächer prasseln. Mirjam Wagner hat den Reissverschluss ihres Wintermantels bis ganz oben zugezogen und sitzt vor der grünen Wand des Bibelstands, die Hände tief in die Jackentaschen geschoben.
Fast drei Stunden ist Wagner schon da, an diesem Dienstagnachmittag, um den Bibelstand an der Basler Herbstmesse zu betreuen. Wagner ist im Vorstand der Bibelgesellschaft Baselland. Sie macht das aus Überzeugung, weil sie glaubt: Der Bibelstand ist ein zentraler Bestandteil der Herbstmesse. Ein Aussenseiter zwar, zwischen Glühwein, Gebäck und Karussell, aber nichtsdestotrotz ein wichtiger Treffpunkt für Menschen aus allen Sparten des Lebens. Was macht den Bibelstand auf dem Petersplatz so besonders? Und warum lohnt er sich auch ohne Glühwein und Punsch?
Bibelgeschichten auf Baselbieter Deutsch
Der Bibelstand wird von den Bibelgesellschaften beider Basel betrieben und ist seit 2008 fester Bestandteil der Herbstmesse. Verkauft werden hier in erster Linie Kinderbibeln und verschiedene baseldeutsche Übersetzungen. «Als vor zwei Jahren «ìm Bebbi si Bììble» erschien, wurde der Stand regelrecht gestürmt», erinnert sich Wagner. Innert kürzester Zeit sei diese erstmalige baseldeutsche Übersetzung des Neuen Testaments ausverkauft gewesen.
Auch dieses Jahr ist eine neue Übersetzung erschienen: «Ganz schöön schlau. Sächs Gschichten us em Alte Teschtamänt uf Baselbieterdütsch» aus der Reihe «Der Guet Bricht» ist, wie es der Name schon sagt, eine Übersetzung von sechs Geschichten in den Baselbieter Dialekt. Mirjam Wagner hat an der Übersetzung mitgewirkt, gemeinsam mit Margrit Balscheit und Hansueli Müller. Ebenfalls pünktlich zur Herbstmesse herausgekommen ist das Feiertagsquartett, ein Kartenspiel, das jungen Menschen die christlichen Feste und Feiertage näherbringen soll. Wer am Glücksrad dreht, kann ein Spiel gewinnen. Ein weiteres Highlight: Die Fotostation, bei der man sich mithilfe eines Greenscreens vor einem von Sternen beleuchteten Münster fotografieren lassen kann.
Zwischen Quartettspiel und Seelsorge
Zwei Jungen haben den Stand entdeckt. Das Glücksrad hat sie angelockt. Timon Kuhn vom Tech Team Bibelstand, der hier gemeinsam mit Mirjam Wagner arbeitet, verwickelt sie ins Gespräch. Die Kinder zögern. Was kann man denn überhaupt gewinnen bei diesem Rad? Sie sind messeerfahren und wissen: Nicht jeder Preis ist die Mühe wert. Quartett haben sie noch nie gespielt. Kuhn zögert nicht. Er öffnet eine Packung verteilt die Spielkarten, erklärt die Regeln. Ein Mann, der unter dem Dach des Bibelstands Schutz vor dem Wetter gesucht hat, stellt sich dazu. Quartett kann man schliesslich nur zu viert spielen.
«Mir ist der Bibelstand ein persönliches Anliegen», sagt Mirjam Wagner mit Blick auf die spielende Gruppe. «Als wir vor drei Jahren einen neuen Standort bekamen, haben die Menschen nach uns gesucht. Gewinn wird mit dem Stand nicht generiert. Aber das sei auch gar nicht das Ziel. Der Bibelstand, so Wagner, lohne sich auf eine andere Art und Weise. «Viele Leute wollen keine Bibel kaufen, aber haben grossen Gesprächsbedarf. Einmal kam ein Herr mit einer grossen Wut auf die Kirche zu mir. Ich hörte ihm einfach zu und nahm diese Wut an. Auch dafür sind wir da.»
Der Bibelstand an der Basler Herbstmesse steht noch bis am 11. November auf dem Petersplatz. www.bibelstand.net
Ein Stand mit Herz: Der Bibelstand auf der Herbstmesse