«Es geht immer um die Menschen»
Andreas Busch, wer sind Sie – in ein paar Sätzen?
(Lacht.) Wer bin ich und wenn ja, wie viele? Aufgewachsen bin ich in einem Pfarrhaus in Rheinland-Pfalz. Mein Vater war Pfarrer, meine Mutter klassische Pfarrfrau – das hat mich geprägt. Theologie war aber nicht mein Weg, ich bin in die Wirtschaft gegangen, habe Volkswirtschaft studiert und promoviert. Beruflich war ich lange in der Finanzbranche tätig, zuletzt als Analyst für die US-Wirtschaft. Doch irgendwann habe ich gemerkt: Da fehlte etwas. Ich wollte etwas Sinnstiftenderes tun.
Und so sind Sie vom Finanzanalysten zum Kirchenschreiber geworden?
Ja, das hat sich über Jahre entwickelt. Ich habe mich ehrenamtlich engagiert, etwa in der Spielgruppe oder in der Rechnungsprüfungskommission. Als dann die Stelle ausgeschrieben wurde, habe ich gemerkt: Das passt. Ich bringe zwar keinen klassischen Verwaltungshintergrund mit, aber dafür viel Erfahrung aus der Unternehmenswelt – und meinen kirchlichen Bezug von klein auf. Insofern war das auch eine Rückkehr zu meinen Wurzeln.
Seit Juli sind Sie im Amt. Was hat Sie bisher am meisten überrascht?
Überrascht weniger – aber gefreut sehr: die zugewandte Art aller hier. Ich bin mit offenen Armen empfangen worden, das war wunderbar. Klar, es gibt wie überall auch Konflikte und schwierige Themen, aber der Grundton ist sehr positiv.
Wie erklären Sie einem Laien, was ein Kirchenschreiber eigentlich macht?
Es ist ein extrem vielseitiger Job. Ich leite die Kanzlei, also die zentrale Verwaltung mit Finanzen, Personal, Mitgliederverwaltung. Gleichzeitig berate ich Kirchenrat und Parlament und bin Bindeglied zu den Bezirken, in denen das kirchliche Leben stattfindet. Verwaltung klingt trocken, aber für mich geht es nie um Strukturen um ihrer selbst willen, sondern darum, dass wir die Menschen bestmöglich unterstützen.
Hilft Ihnen Ihr kirchlicher Hintergrund dabei?
Unbedingt. Ich habe früh gelernt: Es geht nicht um mich, nicht um Verwaltung als Selbstzweck – sondern um den Dienst an den Menschen. Diese Perspektive begleitet mich bis heute.
Haben Sie die Sinnstiftung gefunden, die Sie gesucht haben?
Ja. Zwar habe ich im Alltag weniger direkten Kontakt zu den Menschen als beispielsweise ein Pfarrer. Aber wenn ich etwa bei einer kirchlichen Veranstaltung bin, spüre ich sofort den Bezug. Und selbst in der Verwaltung ist der Sinn klar: Wir schaffen die Grundlagen, damit andere wirken können. Und diejenigen, die wirken, stehen ja regelmässig in meinem Büro und tauschen sich mit mir aus. Ich bin also schon auch nah dran.
Wo möchten Sie Akzente setzen?
Mir sind zwei Dinge wichtig: Erstens die Menschen und die Gemeinschaft ins Zentrum rücken. In der Wirtschaft gilt das Individuum, in der Kirche die Gemeinschaft – das ist eine wichtige Ergänzung. Zweitens möchte ich die Verwaltung fit in die Zukunft führen. Sie funktioniert sehr gut, aber man kann Prozesse modernisieren und verbessern.
Und gibt es auch blinde Flecken?
Da bin ich vorsichtig, nach so kurzer Zeit Urteile zu fällen. Vielleicht drehen wir uns manchmal etwas zu häufig um uns selbst. Da könnte es helfen, den Blick stärker auf das Wesentliche zu richten.
Braucht die Kirche mehr Mut?
Ja, ich denke schon. Wir hören in Beteiligungsprozessen immer wieder: Neues wagen, Neues ausprobieren. Dann mal los! Bürokratie sollte uns nicht hemmen, sondern ermöglichen.
Welchen Wunsch würden Sie mit einer «heiligen Schreibmaschine» ins Kirchenprotokoll tippen?
Gelassenheit bei dem, was ich nicht ändern kann. Mut, da etwas zu bewegen, wo es möglich ist. Und die Weisheit, das eine vom anderen zu unterscheiden.
Schauen wir zehn Jahre voraus: Wie soll die Kirche dann aussehen, damit Sie noch gerne Kirchenschreiber sind?
Die Kirche muss den Menschen im Mittelpunkt behalten. Sie sollte sich von Bildern und Worten lösen, die eher abschrecken. Der Glaube bleibt, aber wir müssen ihn so ausdrücken, dass er Menschen anspricht – und dass das Göttliche in jedem von uns sichtbar wird.
Und zum Schluss: Ist das Ihre letzte berufliche Station?
Ja, so Gott will, das ist kein Intermezzo, sondern hoffentlich der krönende Abschluss. Es gibt viel zu tun, und ich möchte die nächsten Jahre mit voller Kraft angehen.
«Es geht immer um die Menschen»