Frau Grosch, was ist das überhaupt, ein «Singalong»?
Bei einem «Singalong» ist das Publikum gleichzeitig der Chor. Es singen also alle mit, die kommen. Was wunderbar ist, denn Singen verbindet. Wenn man ein Stück einstudiert und es selbst singt, entsteht eine ganz andere Beziehung zum Werk, als wenn man es nur hört.
Geht das ohne Üben?
Nein, das Üben ist das Wichtigste. Ohne geht es nicht. Wir machen nicht einfach ein bisschen Musik, wir singen das Weihnachtsoratorium von Bach. Aber die Leute können die Partitur zu Hause studieren, müssen sich nicht über Monate in Proben verpflichten. Sie haben mehr Freiheiten, wann und wo sie üben wollen. Dabei kommt das gemeinsame Musizieren aber nicht zu kurz, weil wir mehrere gemeinsame Proben haben, bevor wir auftreten. Und die Leute sind glücklich, wenn sie zusammen proben können. Diese Erfahrung ist genau so schön wie der Auftritt selbst.
Braucht es denn auch Talent?
Es braucht nicht in erster Linie Talent, es braucht Engagement. Aber am Ende geht es nicht um Perfektion, sondern um die Freude an der Musik. In vielen Chören wird über lange Zeit am perfekten Auftritt geprobt, das kann einen enormen Druck generieren. Bei einem «Singalong» geht es um das Zusammen-Musizieren, es ist ja auch ein Stück weit ein Experiment.
Eines, das sich in Luzern bewährt hat.
Ja! Ich bin sehr glücklich darüber. Wir haben den ersten «Singalong» in Luzern vor zwei Jahren durchgeführt, und es kamen um die 280 Leute. Es war ein Erfolg. Ich wusste ja nicht, ob das funktionieren würde, in der Schweiz. Im Ausland hat der «Singalong» eine lange Tradition. Ich dachte, in Luzern gibt es einen Boden dafür. Weil die Leute hier sehr musikalisch und vielseitig engagiert sind.
Warum haben Sie sich für Johann Sebastian Bachs Weihnachtsoratorium entschieden?
Man muss bei solchen Projekten ein populäres Stück nehmen, das möglichst viele Leute kennen. Viele Leute haben das Oratorium bereits gesungen, kennen die Noten oder haben es irgendwo gehört. Oder sie denken: Das wollte ich schon immer mal singen. Solche Stücke finden Sie bei Bach, Händel, Mendelssohn. Aber Bach finde ich so toll, weil seine Musik sinnlich ist, dicht, lebendig. Perfekt für Weihnachten.
Es ist also nicht schlimm, wenn man einen falschen Ton singt?
Natürlich nicht! Kommen Sie einfach und geniessen Sie!
24.11.16 / Anna Miller
Aufführung: Freitag, 30. Dezember, Lukaskirche Luzern, 18 Uhr, Mitsingkarte: 30 Franken. Gesungen wird zusammen mit dem Franziskaner-Chor Luzern. Informationen und Probedaten www.luzern-singalong.ch
«Es geht nicht um den perfekten Auftritt»