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Deutschland

Klöckners Kirchenkritik sorgt für Kontroversen

von epd/nin
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24.04.2025

Bundestagspräsidentin Julia Klöckner (CDU) hat mit ihrer Kritik an der politischen Einmischung der Kirchen eine hitzige Debatte ausgelöst. Klöckner beklagte in der «Bild am Sonntag« zu Ostern, dass die Kirchen sich zu sehr in tagespolitische Themen einmischen und forderte mehr Sinnstiftung. Sie warnte, die Kirche werde austauschbar, wenn sie sich zu beliebig äussere und nicht mehr die grundsätzlichen Fragen von Leben und Tod im Blick habe.

Kirchenvertreter widersprachen Klöckner. «Wir als Kirche sind ein Teil davon und helfen bei dem biblischen Auftrag mit, der Stadt Bestes zu suchen», sagte Stephan Schaede, theologischer Vizepräsident der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) der «Bild»-Zeitung. Er betonte, dass die Kirche Teil des Gemeinwesens sei und einen biblischen Auftrag habe, sich für das Wohl der Stadt einzusetzen. Er verwies auf die humanitäre Arbeit der kirchlichen Hilfswerke Misereor und «Brot für die Welt» und betonte, dass die Kirche sich verpflichtet fühle, auf Missstände hinzuweisen, die durch gute Politik behoben werden könnten.

Auch der stellvertretende Vorsitzende der Grünen-Bundestagsfraktion, Konstantin von Notz, kritisierte Klöckner. Er warf ihr vor, den Kirchen zu drohen, indem sie diese mit Nichtregierungsorganisationen vergleiche. «Denn damit wird die Erwartung verbunden, dass sie sich nicht unbequem für CDU und CSU verhalten», sagte er dem «RedaktionsNetzwerk Deutschland».

Der Münsteraner Kirchenrechtler Thomas Schüller warf Klöckner vor, ein faktisches Denk- und Sprechverbot für die Kirchen zu politischen Themen zu fordern. Er betonte, dass die religiös motivierte Einmischung in politische und gesellschaftliche Diskurse nach dem Grundgesetz «keinen inhaltlichen Schranken, die Politiker den Kirchen und Religionsgemeinschaften errichten könnten», schrieb Schüller im «Kölner Stadt-Anzeiger». Schon der Versuch wäre verfassungswidrig.

Annette Schavan, frühere Bundesbildungsministerin und Vatikan-Botschafterin, verteidigte die politische Rolle der Kirche. Sie betonte im RBB-Inforadio, dass das Christentum von Beginn an politisch gewesen sei und dass die spirituelle und die weltliche Sorge untrennbar miteinander verbunden seien.

Ernst-Wilhelm Gohl, Landesbischof der Evangelischen Landeskirche in Württemberg, wies die Kritik zurück, die Kirchen agierten zu politisch. Er betonte, dass Christen politisch Stellung beziehen sollten und dass das Evangelium eine Sendung in die Welt sei, die auch politische Dimensionen habe. Gohl warnte vor den Gefahren des Rechtsradikalismus und betonte, dass die Kirchen aus der deutschen Geschichte gelernt hätten und frühzeitig deutlich Position beziehen müssten.

Thomas Rachel, kirchenpolitischer Sprecher der Unions-Fraktion und Mitglied des Rates der EKD, unterstützte Klöckner. Er warnte, dass die Kirchen ihre Authentizität und Wirkkraft verlieren könnten, wenn sie nur als eine weitere Stimme in der Tagespolitik wahrgenommen würden. Der Bundestagsabgeordnete sagte dem «RedaktionsNetzwerk Deutschland» aber auch: «Dort, wo die politische Dimension von Kirche unmittelbarer Ausfluss der Evangeliums Verkündigung ist,wirkt sie befruchtend, inspirierend und ist wirksam.» Sie erreiche Menschen weit über die Mitgliedschaft hinaus. «Weil die Botschaft genuin ist. Nur die Kirchen können sie sagen», fügte er hinzu.