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Neue Kirchenordnung

Taufe ohne Elternkonfession ist neu möglich

von Carole Bolliger
min
26.06.2025
Am 1. Juli tritt die neue Kirchenordnung der Reformierten Kirche Kanton Luzern in Kraft. Synodalratspräsidentin Lilian Bachmann und Lilli Hochuli, ehemals verantwortlich für das Ressort Recht im Synodalrat, geben Einblicke in die zentralen Neuerungen und den langen Weg der Entstehung.

Am 1. Juli tritt die neue Kirchenordnung der Reformierten Kirche Kanton Luzern in Kraft. In einem Satz: Um was geht es?

Lilian Bachmann (LB): Die Kirchenordnung regelt das kirchliche Leben in den folgenden Themenbereichen: Kirche – ein Ort für Gemeinschaft, auf Menschen zugehen, Generationenkirche, Kommunikation, gesellschaftspolitische Beteiligung und Aussenbeziehungen.

Im April 2021 wurde die erste Arbeitsgruppe für die neue Kirchenordnung gegründet. Ein grosses Stück Arbeit liegt hinter Ihnen und allen Beteiligten. Ein gutes Gefühl, dass sie jetzt in Kraft tritt?

Lilli Hochuli (LH): Ich bin am 1. Juli 2021 im Synodalrat im Departement Recht gestartet. Während vier Jahren war ich laufend involviert rund um die Kirchenordnung. Da ich nicht für eine weitere Legislatur im Synodalrat kandidiere, ist dies für mich wie eine Fügung, dass das Gesetz und die dazugehörige Verordnung über das kirchliche Leben genau zum neuen Legislaturstart in Kraft treten. Somit ist das für mich ein doppelt gutes Gefühl: einerseits, dass die Kirchenordnung in Kraft tritt, und andererseits, dass dies für mich ein guter Moment des Abschlusses als Synodalrätin ist.

Die alte Kirchenordnung von 1996 war ihrer Zeit voraus – sie erlaubte unter anderem schon damals Segnungen für gleichgeschlechtliche Paare. Was hat Sie 2020 dazu motiviert, die Revision anzugehen, obwohl die bestehende Ordnung in vielem «modern» war?

LB: Mit der Verfassungsrevision haben wir seitens der Reformierten Kirche Kanton Luzern die gesetzlichen Strukturen neu aufgebaut. Viele Bestandteile der Kirchenordnung von 1996 sind seit Jahren im Personalgesetz, im Organisationsgesetz oder in weiteren Gesetzen enthalten. Weiter hat sich in den vergangenen 30 Jahren das kirchliche Leben stark verändert, was damals «modern» war, ist heute gängig. Deshalb haben wir in der neuen Kirchenordnung die aktuellen Bedürfnisse, die in Grossgruppenkonferenzen, Befragungen und so weiter erhoben wurden, integriert. Der Weg der Kirchenordnung war von Partizipation geprägt und vom Dialog innerhalb der Kirche sowie auch ausserhalb.

Das Format «Kirche im Dialog» im Februar 2021 hat über 200 Teilnehmende zusammengebracht. Wie wichtig war dieser partizipative Ansatz für den Revisionsprozess?

LH: Mich beeindruckt, dass die Ergebnisse der E-Grossgruppenkonferenz den Themenbereichen der Kirchenordnung entsprechen. Die Mitwirkenden der Grossgruppenkonferenz haben die Funktion der Kirche priorisiert. Diese Priorisierungen entsprechen den Kapiteln im Gesetz. Diese breite Partizipation war im nachfolgenden Prozess der Erarbeitung in der Arbeitsgruppe, in der Mitwirkung der Gremien usw. immer wieder die Basis für den internen Dialog.

Welches sind für Sie die zentralsten Neuerungen?

LB: Gerne gehe ich auf drei Themen ein. Erstens: Kinder und Jugendliche können evangelisch-reformiert getauft werden, auch wenn kein Elternteil der Konfession angehört. Vorausgesetzt ist dabei natürlich, dass sich die Kinder und Jugendlichen selbst für die Taufe entscheiden. Zweitens: Die Kirchenordnung berücksichtigt das «Experimentieren», um so laufend neue Bedürfnisse aufnehmen zu können. Drittens: Kommunikative Aspekte rund um das Erscheinungsbild, digitale Kommunikation sowie der «Kirchenbote» als Mitgliederzeitung werden näher geregelt.

Wieso braucht es die Neuerung mit der Taufe?

LH: Im Kanton Luzern gehören gemäss Lustat Statistik Luzern per Ende 2024 von 440'000 Einwohnenden bereits 185'000 Personen keiner öffentlich-rechtlichen Konfession (reformiert, katholisch oder christkatholisch) an.

Als Volkskirche, die für alle da ist, ist es uns wichtig, dass wir Zugänge ermöglichen. Im Sakrament der Taufe wird Gottes Ja zum einzelnen Menschen bezeugt. Sie ist das sichtbare Zeichen der Aufnahme und Zugehörigkeit zur christlichen Gemeinschaft. Unsere gesellschaftlichen Werte – unabhängig von der Konfession – sind christlich geprägt, und als Reformierte Kirche leben wir dies.

Wie wird der «Experimentierartikel» gehandhabt?

LB: Was in anderen Landeskirchen so genannt ist, ist bei uns in der neuen Kirchenordnung als «Bewilligung von Abweichungen» geregelt. So kann der Synodalrat einer Kirchgemeinde erlauben, versuchsweise von der Kirchenordnung abzuweichen. Dazu braucht es ein schriftliches Gesuch mit zeitlicher Begrenzung. Nach Abschluss des Versuchs erstattet der Kirchenvorstand dem Synodalrat Bericht. Der Synodalrat informiert die Synode über den Versuch und dessen Ergebnis.

 

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Markus Pfisterer kandidiert für den Synodalrat der Reformierten Kirche Kanton Luzern für das Departement Recht. Als Jurist, Ethikberater und Mensch mit tiefer Glaubensüberzeugung möchte er Brücken bauen – zwischen Recht und Glaube, Struktur und Seele, Verwaltung und gelebter Kirche.